Frankfurt a.M. (epd). Die Zahl der Organspender in Deutschland stagniert auf niedrigem Niveau. In den ersten neun Monaten dieses Jahres gab es 714 Spender, das sind in etwa so viele wie im Vorjahreszeitraum (718). Ebenfalls leicht gesunken ist die Summe der gespendeten Organe, und zwar von 2.185 im Jahr 2023 auf 2.158 in diesem Jahr, wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) am Donnerstag bei ihrem Jahreskongress in Frankfurt am Main bekanntgab. Dennoch hat die Zahl der in Deutschland transplantierten Organe im Vergleichszeitraum von 2.283 im Jahr 2023 auf 2.314 in diesem Jahr zugenommen. Möglich ist dies durch Organe aus dem Ausland, wo die Spenderbereitschaft höher ist.
Der Blick auf die vergangenen zehn Jahre zeige, dass sich bei der Zahl der Organspender wenig bewege, sagte der medizinische Vorstand der DSO, Axel Rahmel. Er verwies auf die Warteliste für eine Organtransplantation, auf der mehr als 8.200 Patientinnen und Patienten stünden. Dies sei zudem nur „die Spitze des Eisbergs“. Von den knapp 100.000 Dialysepatienten in Deutschland beispielsweise könnten ein Drittel von einer Transplantation profitieren, aber nur 6.400 Nierenpatienten stünden auf der Warteliste. „Viele Patienten schaffen es aufgrund der geringen Chancen auf ein Spenderorgan gar nicht auf die Warteliste“, kritisierte Rahmen. Im vergangenen Jahr seien 667 Patientinnen und Patienten verstorben, die auf ein Herz oder eine Lunge gewartet hätten.
Verschärft werde die Mangelsituation durch das steigende Alter der Spender bei einer Organentnahme. Der Spendeprozess müsse häufiger abgebrochen werden, weil die Qualität des Organs für eine Transplantation nicht ausreicht.
Rahmel appellierte an die Bürger, eine Entscheidung zu treffen, ob sie Organe spenden wollen oder nicht. Dies entlaste auch die Angehörigen, die ansonsten entscheiden müssen. Für den Inhalt einer Entscheidung allerdings müsse sich niemand rechtfertigen.
Bei dem seit März dieses Jahres verfügbaren digitalen Organspende-Register haben bisher 180.000 Menschen eine Erklärung hinterlegt. Per se führe das Register nicht zu mehr dokumentierten Zustimmungen, sagte der kaufmännische DSO-Vorstand Thomas Biet. Steigen könnten die Registrierungen möglicherweise, wenn mehr Bürgerinnen und Bürger einen elektronischen Personalausweis besitzen oder eine Registrierung über die Krankenkassen-App möglich ist. Das Register könne auch dann sein volles Potenzial entfalten, wenn die sogenannte Widerspruchsregelung doch noch eingeführt werden sollte, sagte Biet.
Die Widerspruchslösung sieht vor, dass bei einem hirntoten Menschen Organen entnommen werden dürfen, wenn die betreffende Person dem zu Lebzeiten nicht widersprochen hat. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des DSO-Stiftungsrates, favorisiert diese Lösung. „Aus medizinischer Sicht, vor allem aber aus der Sicht der schwer kranken Patienten auf den Wartelisten für eine Transplantation, wäre eine solche Regelung der Idealfall und würde uns langfristig nutzen“, sagte er. Unter den acht Staaten des Eurotransplant-Verbundes sei Deutschland das einzige Land ohne Widerspruchsregelung.