Kassel (epd). Gehbehinderten Heimbewohnern steht bei einem Anspruch auf Hilfe zur Pflege auch eine kostenfreie Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr zu. Wie das Bundessozialgericht am Donnerstag in Kassel entschied, gilt dies auch dann, wenn ein erheblich gehbehinderter Heimbewohner seinen Lebensunterhalt aus seinem eigenen Einkommen begleichen kann, für die Heimkosten aber auf Hilfe zur Pflege vom Sozialhilfeträger angewiesen ist. (AZ: B 9 SB 2/23 R)
Geklagt hatte eine 84-jährige Frau mit einer erheblichen Gehbehinderung. Die Frau, die in einem Pflegeheim im Raum Braunschweig lebt, kann ihren Lebensunterhalt aus ihrer Rente und ihrem Ehegattenunterhalt selbst bestreiten. Um die Pflegeheimkosten bezahlen zu können, ist sie aber auf „Hilfe zur Pflege“ vom Sozialhilfeträger angewiesen.
Im Juli 2021 beantragte sie bei der zuständigen Versorgungsbehörde die Ausstellung einer Wertmarke zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr. Der Antrag wurde abgelehnt. Nur erheblich gehbehinderte Personen, die reguläre Sozialhilfeleistungen beziehen, könnten eine unentgeltliche Beförderung im Personennahverkehr verlangen, nicht aber Personen, die allein Hilfe zur Pflege erhalten, so die Behörde.
Doch auch schwer- und erheblich gehbehinderte Heimbewohner, die nur Hilfe zur Pflege erhalten, können die kostenfreie Beförderung beanspruchen, urteilte das Bundessozialgericht. Es gebe keinen sachlichen Grund, warum Heimbewohner, die allein Hilfe zur Pflege erhalten, von dem Anspruch ausgeschlossen sein sollen.