Bonn, New York (epd). Die Gleichstellung der Geschlechter kommt nach einem Bericht der Vereinten Nationen und ihrer Frauenorganisation UN Women trotz weltweiter Fortschritte zu langsam voran. Im neuesten „Gender Snapshot“, der am Montag in Bonn und New York veröffentlicht wurde, riefen die Vereinten Nationen zu sofortigem globalem Handeln gegen geschlechtsspezifische Diskriminierung auf. Als Beispiele werden in dem Bericht etwa die Ernährungssicherheit von Mädchen und Frauen, sexualisierte Gewalt gegen Frauen, Gewalt in der Partnerschaft und die Selbstbestimmung über den eigenen Körper genannt.
Der Bericht verweist darauf, dass zwar der Anteil der Frauen und Mädchen in extremer Armut wieder unter zehn Prozent gesunken sei - nach einem starken Anstieg in den Jahren der Corona-Pandemie. Doch dürfte es beim derzeitigen Tempo noch 137 Jahre dauern, bis die extreme Armut für Frauen und Mädchen beseitigt sei, rechnen die Autoren der Studie vor.
Erfreulicherweise sei die Zahl der Mädchen, die nicht zur Schule gehen, seit 2015 um 5,4 Millionen gesunken, hieß es. Doch demgegenüber stünden 119,3 Millionen Mädchen, die nach wie vor von Bildung ausgeschlossen seien.
Die Zahl der Kinderheiraten sei weiter zurückgegangen, heißt es in dem „Schnappschuss“-Bericht der UN. Aber nach wie vor sei eine von fünf Frauen, die derzeit zwischen 20 und 24 Jahre alt ist, bereits vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet worden. Bei diesem Tempo im Kampf gegen Kinderheiraten würden Mädchen noch bis zum Jahr 2092 als Kinder verheiratet werden.
Eine von acht Frauen und Mädchen im Alter von 15 bis 49 Jahren habe im vergangenen Jahr Gewalt in der Partnerschaft erlebt, hieß es. Jeden Tag sterben 800 Frauen durch vermeidbare Komplikationen bei Schwangerschaft und Entbindung. Nur 56 Prozent der verheirateten oder in einer Partnerschaft lebenden Frauen könnten eigene Entscheidungen über ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit treffen, wird in dem Bericht beklagt.
In den vergangenen fünf Jahren seien 56 positiv bewertete Rechtsreformen umgesetzt worden, hieß es. Allerdings verfüge kein Land über alle relevanten Gesetze zum Verbot von Diskriminierung, zur Verhinderung von Gewalt, zur Gewährleistung gleicher Rechte in der Ehe und bei Scheidungen, zur Gewährleistung gleicher Entlohnung und zum uneingeschränkten Zugang zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit.
Mit den richtigen Maßnahmen und Investitionen seien jedoch Fortschritte möglich, betonte UN Women. So sei die Rate von Partnerschaftsgewalt in Ländern mit Gesetzen gegen häusliche Gewalt deutlich niedriger als in Ländern ohne solche Gesetze (9,5 Prozent gegenüber 16,1 Prozent). Investitionen in die oft von Frauen geleistete Care- und Sorgearbeit würden die Einkommensarmut von Frauen verringern, ihre Erwerbsbeteiligung fördern und die pflegebedingte Beschäftigung ausweiten, wodurch bis 2035 fast 300 Millionen Arbeitsplätze entstehen könnten.