Bielefeld (epd). Bethel-Chef Ulrich Pohl warnt vor einem „Kaputtsparen“ im Sozialbereich. Ein weiteres Jahr, in dem die sozialen Träger mit den steigenden Kosten weitgehend allein gelassen würden, könnten viele Einrichtungen wirtschaftlich nicht überstehen, sagte der Vorstandsvorsitzende der v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel am Mittwoch in Bielefeld. Das würde die soziale Landschaft in Deutschland und damit die Demokratie nachhaltig erschüttern.
Bethel habe im vergangenen Jahr nur durch Rücklagen teilweise ausbleibende und ungeklärte Refinanzierungen der Leistungen durch die Kostenträger überbrücken können. Die zum Teil politisch verstärkte schwierige Situation der Krankenhäuser in Deutschland, aber auch harte Verhandlungen um Übernahmen von hohen Tarifsteigerungen nach der Inflation „reißen auch bei uns große Löcher“, sagte Pohl auf der Jahrespressekonferenz. Viele soziale Träger seien 2023 in Schieflage geraten. Nicht nur im Bereich der Krankenhäuser und Altenheime habe es Insolvenzen gegeben.
Die Gewinn- und Verlustrechnung Bethels für das Jahr 2023 schloss nach Worten des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden, Rainer Norden, mit einem positiven Jahresergebnis von 9,74 Millionen Euro ab. Das Ergebnis habe zwar mit fast 70 Prozent über dem einschneidenden Corona-Vorjahr mit 5,77 Millionen Euro gelegen. Es sei jedoch nur durch den Verzicht auf beabsichtigte Investitionen erreicht worden. Der erwirtschaftete Betrag werde vollständig in die Arbeit Bethels reinvestiert.
Die Gesamterträge aller Stiftungsbereiche und Tochtergesellschaften der Stiftungen Bethels lagen den Angaben nach bei 1,81 Milliarden Euro. Das sei ein Plus von 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Gesamterträge sind vergleichbar mit dem Umsatz. Auch die Beträge von Spenden und Nachlässen stiegen im vergangenen Jahr leicht Jahr auf 69,44 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es 66,58 Millionen Euro.
Die Sachinvestitionen fielen 2023 mit 94,9 Millionen Euro um 6,7 Millionen Euro geringer aus als im Vorjahr. Ursprünglich seien knapp 122 Millionen Euro geplant gewesen, erläuterte Norden. Wegen der angespannten Wirtschaftslage und allgemeinen Teuerung bei Bauprojekten seien Abstriche gemacht und Projekte verschoben worden. Für das laufende Jahr seien wieder Maßnahmen in Höhe von 113 Millionen Euro geplant.
Angesichts der Debatte um Sterbehilfe kündigte Bethel eine Ausweitung seiner Hospiz-Angebote an. Am 19. September soll das achte Hospiz in Bad Kösen in Sachsen-Anhalt mit 16 Plätzen eingeweiht werden. Weitere Hospizneubauten mit jeweils 16 Plätzen wird es nach Worten Pohls im brandenburgischen Wandlitz und in Bielefeld geben.
„Die Mitarbeitenden Bethels werden sich in unseren Einrichtungen nicht aktiv an Sterbehilfe beteiligen“, unterstrich Pohl. „Wir werben bis zuletzt für das Leben!“ Allerdings müsse Bethel Suizid durch die Hilfe Dritter in Einzelfällen in seinen Räumlichkeiten dulden. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 entschieden, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch das Recht umfasst, sich das Leben und dabei Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen.
Die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel mit Hauptsitz in Bielefeld sind eines der größten diakonischen Unternehmen Europas. In den Einrichtungen in acht Bundesländern wurden im vergangenen Jahr rund 260.000 Menschen von rund 24.075 Mitarbeitenden behandelt, betreut oder ausgebildet.