Berlin (epd). Die Diakonie und die Malteser fordern von der Bundesregierung eine deutliche Stärkung der Suizidprävention und einen verbindlichen gesetzlichen Rahmen zur Verhinderung von Suiziden. „Wenn Menschen sagen, dass sie nicht mehr leben wollen, sind wir alle gefordert. Es ist ein sehr ernst zunehmendes Alarmsignal für eine Krise, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint“, sagt Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch am Montag zum Welttag der Suizidprävention am Dienstag. Der steht in diesem Jahr unter dem Motto „Lasst uns darüber reden“.
Schuch sagte weiter: „Wir halten das vom Bundestag geforderte Suizidpräventionsgesetz für einen notwendigen Schritt, um Menschenleben zu schützen und Suizidgedanken gar nicht erst entstehen zu lassen. In die Suizidprävention sind alle Personengruppen einzuschließen, insbesondere auch Kinder und Jugendliche, bei denen der Suizid die zweithäufigste Todesursache darstellt.“
Für die Malteser sagte Vorstandsvorsitzender Elmar Pankau: „Es muss gesetzlich festgeschrieben werden, dass Einrichtungen, wie zum Beispiel Altenpflegeheime, sich zu Schutzräumen erklären können, in denen es keinen assistierten Suizid geben darf.“ Damit Pflegeeinrichtungen, Kliniken oder Verbände Suizidprävention leisten könnten, so Pankau, stehe jedoch der Gesetzgeber in der Pflicht, diese endlich umfassend zu fördern und gesetzlich zu verankern.
„Es muss Sorge dafür getragen werden, dass in allen Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens Suizidgedanken ernstgenommen werden“, forderte der Malteser- Vorstandsvorsitzende. „Mediziner und Pflegende, Betreuer und Seelsorger stehen in der Verantwortung, fachliche Unterstützung zum Leben anzubieten und gemeinsam mit den Betroffenen sorgfältig nach Alternativen zum Suizid zu suchen.“
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Montag haben sich rund 10.300 Menschen im vergangenen Jahr das Leben genommen. Gegenüber dem Vorjahr nahm die Zahl der Suizide damit leicht zu (plus 1,8 Prozent). Ein historischer Tiefststand bei Suiziden war 2019 mit rund 9.000 Fällen verzeichnet worden.
Über alle Altersgruppen hinweg begehen Männer deutlich häufiger Suizid als Frauen. Im Jahr 2023 töteten sich in knapp drei Viertel der Fälle Männer (7.500 Fälle) selbst, 2.800 Suizide begingen Frauen. Im langfristigen Vergleich ist die Zahl der Suizide nach einem deutlichen Rückgang in den 1980er und 1990er Jahren in den vergangenen 20 Jahren relativ konstant geblieben.
In den einzelnen Altersgruppen entwickelten sich die Fallzahlen unterschiedlich. So ging die Zahl der Suizide unter jungen Menschen deutlich stärker zurück als die Fälle insgesamt: Starben 2003 noch gut 700 unter 25-Jährige in Deutschland durch Suizid, so waren es im vergangenen Jahr knapp 500. Unter älteren Menschen nahmen dagegen die Suizide binnen 20 Jahren teilweise deutlich zu. Am stärksten war der Anstieg in der Altersgruppe 85 plus: Hier hat sich die Zahl der Suizide von 600 im Jahr 2003 auf knapp 1.300 im Jahr 2023 mehr als verdoppelt.
Diakoniechef Schuch verwies auf das Bundesverfassungsgericht, das 2020 das Recht auf freiverantwortlichen Suizid anerkannt habe. „Das Urteil betont die Autonomie des Einzelnen, unterstreicht aber auch die Schutzpflicht des Staates für das Leben. Suizid darf niemals zu einer normalen Option werden“, sagte Schuch.
Aus Sicht der Diakonie Deutschland muss Prävention früh ansetzen und viele Bereiche umfassen, von Schulen über Gemeinden und soziale Dienste bis hin zu digitalen Plattformen. „Jeder Suizid ist einer zu viel. Wir brauchen einen gesetzlichen Rahmen, der diese Maßnahmen bündelt, finanziert und langfristig absichert“, so der Diakonie-Präsident weiter. Die Diakonie habe Vorschläge für ein Suizidpräventionsgesetz gemacht.