Frankfurt a.M., Sibiu (epd). Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) hat zu neuen Wegen in der Ökumene aufgerufen. In vielen Ländern stocke die Zusammenarbeit der verschiedenen Kirchen, räumte die neugewählte geschäftsführende GEKE-Präsidentin, die Schweizer Theologin Rita Famos, am Montag zum Abschluss der siebentägigen 9. Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) im rumänischen Sibiu ein.
Man dürfe aber auch nicht einfach aufgeben, fügte Famos hinzu, die auch Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche in der Schweiz ist: „Es braucht Geduld. Wir sind seit 2.000 Jahren unterwegs und machen vielleicht ein, zwei Schritte vorwärts und wieder einen zurück. Aber wir müssen dranbleiben.“
In Ihrer Predigt am Sonntagabend sagte Famos: „Europa ringt darum, nicht auseinanderzubrechen.“ Die Bewältigung der Bedrohung durch den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine, die Frage nach dem Umgang mit den vielen Migrantinnen und Migranten, die nach Europa kommen, der Graben zwischen Wohlstand und Armut - „das und noch vieles Weiteres führen zu Konfrontation und Spaltung“, so die Pfarrerin: „Die GEKE-Kirchen sind Teil dieses Europas und stehen nicht jenseits der Probleme und Herausforderungen.“
Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa wurde 1973 gegründet, damals noch unter dem Namen „Leuenberger Kirchengemeinschaft“. Mit der Verabschiedung der Erklärung auf dem Leuenberg bei Basel wurde eine seit der Reformation im 16. Jahrhundert bestehende, mehr als 450 Jahre währende Trennung innerhalb der evangelischen Kirchen beendet. Die Mitgliedskirchen gewähren sich aufgrund dieses historischen Dokuments Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft.
„Ich denke, es ist wichtig zu erkennen, dass Leuenberg von Natur aus ein sehr protestantisches Modell der Ökumene ist“, sagte der scheidende geschäftsführende GEKE-Präsident John Bradbury von der „Vereinigten Reformierten Kirche“ mit Sitz in London. Er erwarte nicht, dass etwa die römisch-katholische Tradition dies einfach übernehmen kann. Der britische Theologe regte an, über andere Möglichkeiten für eine kirchliche Einheit in versöhnter Verschiedenheit nachzudenken.
Der Kirchengemeinschaft gehören fast 100 lutherische, methodistische, reformierte und unierte Kirchen aus mehr als 30 Ländern in Europa und Lateinamerika an. Damit vertritt der Dachverband nach eigenen Angaben rund 40 Millionen Protestanten. Die Vollversammlung tritt in der Regel alle sechs Jahre zusammen, zuletzt 2018 in Basel.
Auf der Vollversammlung in Sibiu wurden zudem vier neue Mitgliedskirchen willkommen geheißen: die Evangelisch-Lutherische Kirche in Georgien, die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine, die lutherische Kirche von Island sowie die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in Lettland.
Wie die GEKE weiter mitteilte, hat sich zum ersten Mal eine Kirche entschieden, die Kirchengemeinschaft zu verlassen. Es handelt sich um die Evangelisch-Lutherische Kirche in Lettland, die als weltweit erste lutherische Kirche die Frauenordination rückgängig machte. Mit der Aufnahme der kleinen Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland bleibe die GEKE-Präsenz in dem baltischen Staat jedoch bewahrt, hieß es weiter.