Berlin (epd). Die Zahl der Ausbildungsbetriebe in der Industrie und im Handel, die nicht genug Nachwuchs finden, hat einen Höchststand erreicht. Annähernd jeder zweite dieser Betriebe (49 Prozent) konnte im vergangenen Jahr nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) erhielt sogar keine einzige Bewerbung. Das geht aus dem Ausbildungsmonitor 2024 der Deutschen Industrie- und Handelskammer hervor, den die Kammer am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat.
Der Anteil der Betriebe, der Nachwuchs ausbilden möchte, aber nicht genügend Bewerber findet, stieg demnach um zwei Prozentpunkte, nachdem er bereits 2022 einen Rekordwert erreicht hatte. Innerhalb von zehn Jahren hat er sogar um 20 Prozentpunkte zugelegt. Das gute Drittel, das 2023 leer ausging, entspricht den Angaben zufolge knapp 30.000 Ausbildungsbetrieben. An der Online-Umfrage der Industrie- und Handelskammer beteiligten sich zwischen dem 13. und 31. Mai dieses Jahres insgesamt 13.077 Unternehmen.
Am schlimmsten betroffen sind nach Darstellung von Hauptgeschäftsführer Achim Dercks kleine Betriebe. Bei ihnen fange der Fachkräftemangel „bereits bei den Auszubildenden an“. Aufgrund ihrer durchschnittlich nur 1,4 Auszubildenden würden sie, wenn diese Plätze unbesetzt bleiben, nicht mehr als aktive Ausbildungsbetriebe erfasst und fielen somit aus der Statistik heraus. Von den verschiedenen Branchen, die in der Kammer organisiert sind, haben vor allem Industrie, Gastgewerbe, Handel, Verkehrsbranche und Baugewerbe Schwierigkeiten, Nachwuchs zu finden.
Ursache sei der demografische Wandel: Jahr für Jahr kämen etwa 400.000 weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt als ältere ihn verlassen. Die Analyse zeige auch, dass persönliche Kontakte ein „Trumpf bei der Nachwuchsgewinnung“ seien. Die Kontaktaufnahme sei möglich zum Beispiel durch Schülerpraktika, Schnuppertage, Ausbildungsmessen und Zusammenarbeit mit Schulen. Diese analogen Kommunikationskanäle böten die Möglichkeit, tiefergehende und persönliche Beziehungen aufzubauen.
Doch daneben suchten die ausbildungswilligen Betriebe auch digital nach Lehrlingen. Für junge Menschen seien Social-Media- und Berufs-Plattformen „ihre gewohnte Umgebung, und dort aktiv zu sein, lohnt sich auch für die Betriebe“, heißt es im Ausbildungsmonitor weiter. Wichtig sei zudem, dass die Betriebe selbst sich modern präsentierten, etwa mit flachen Hierarchien, moderner IT-Technik und finanziellen Anreizen.
Ein Problem sei die mangelnde Ausbildungsreife von Schulabgängern. „Die Unternehmen nehmen aus der Not heraus immer mehr selbst in die Hand und unterstützen junge Menschen mit Startschwierigkeiten auf vielfältigste Weise“, erklärte Dercks. Einer der am häufigsten genannte Ansätze (37 Prozent), diesen jungen Leuten zu helfen, war der Umfrage zufolge, im eigenen Unternehmen Nachhilfe anzubieten. Vier von zehn Betrieben reagieren nach eigener Aussage auf mangelnde Ausbildungsreife, indem sie lernschwächeren Jugendlichen auch ohne öffentliche Unterstützung eine Chance geben.