Stiftung: Alleinerziehende trotz Arbeit von Armut bedroht

Stiftung: Alleinerziehende trotz Arbeit von Armut bedroht
Sozialverbände fordern mehr Entlastungen
Alleinerziehende sind nach wie vor laut Bertelsmann Stiftung armutsgefährdet. Besonders von Armut bedroht sind alleinerziehende Mütter. Sozialverbände fordern mehr Kita-Angebote und familienfreundlichere Arbeitszeiten.

Gütersloh, Berlin (epd). Alleinerziehende sind häufiger von Armut bedroht als Paarfamilien. Fast 700.000 Haushalte mit nur einem Elternteil gelten als einkommensarm, wie die Bertelsmann Stiftung am Dienstag in Gütersloh bei der Präsentation ihres „Factsheets Alleinerziehende“ erklärte. Das seien mehr als 40 Prozent der Alleinerziehenden. Sozialverbände forderten mehr Entlastungen für sie und einen Ausbau von Kitaplätzen.

Für alleinerziehende Mütter sei das Armutsrisiko besonders hoch, erklärte die Stiftung. Der Anteil von Alleinerziehenden-Haushalten, die Bürgergeld beziehen, sei in Bremen mit 55 Prozent am höchsten und in Thüringen mit 27 Prozent am niedrigsten.

Die Armutsfalle für Alleinerziehende sei jedoch nicht auf Erwerbslosigkeit zurückzuführen, hieß es. Mehr als 70 Prozent der alleinerziehenden Mütter und 87 Prozent der alleinerziehenden Väter gingen einer Arbeit nach. Alleinerziehende Mütter schulterten zudem den Großteil der Kinderbetreuung. Wesentlicher Grund für eine finanziell schwierige Situation vieler Alleinerziehenden seien ausfallende Unterhaltszahlungen.

Für eine Verbesserung für Alleinerziehende empfahl die Bertelsmann Stiftung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Dazu gehöre eine Infrastruktur in Form guter Kitaplätze und verlässlicher Ganztagsbetreuung in der Schule. Ebenso wichtig sei eine bessere finanzielle Unterstützung. Der aktuelle Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung sei zwar ein wichtiger Schritt. Die Grundsicherung werde jedoch bei Weitem nicht reichen, um alleinerziehende Familien aus der Armutsfalle zu befreien.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) plädierte für ein Aussetzen der Schuldenbremse, um in den flächendeckenden Kita-Ausbau zu investieren. Betreuung müsse es auch dann geben, wenn die Kinder zur Schule gingen, erklärte die stellvertretende DGB-Vorsitzende, Elke Hannack, in Berlin. Zudem müsse die Kindergrundsicherung endlich auf den Weg gebracht werden.

Auch die Diakonie forderte einen Ausbau der Kinderbetreuung und familienfreundlichere Arbeitszeiten. Es sei ein Skandal, dass die Bundesregierung die Armut von Familien und deren Kindern nicht endlich beende, sagte die Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, Maria Loheide.

Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) sowie die Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie (EAF) forderten die Bundesregierung auf, Alleinerziehende steuerlich stärker zu entlasten, etwa durch eine Steuergutschrift. Die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Leni Breymaier, erklärte, bei der geplanten Unterhaltsreform sei es entscheidend, die Aufgabenteilung der Eltern vor der Trennung zu berücksichtigen.

Als einkommensarm gelten laut der Stiftung jene Menschen, die in einem Haushalt leben, der Sozialleistungen erhält. Haushalte, die über weniger als 60 Prozent des gemittelten Einkommens verfügten, würden als armutsgefährdet eingestuft. Für das „Factsheet Alleinerziehende“ wurden nach Angaben der Stiftung unter anderem Daten vom Statistischen Bundesamt und der Bundesagentur für Arbeit aus dem Jahr 2023 verwendet.

Rund 1,7 Millionen Menschen seien im Jahr 2023 in Deutschland alleinerziehend gewesen, erklärte die Stiftung. Einen Anstieg habe es unter anderem durch Flüchtlinge aus der Ukraine gegeben. Zwar sei der Anteil alleinerziehender Väter inzwischen gestiegen und habe 2023 bei 18 Prozent gelegen. Doch noch immer seien acht von zehn Alleinerziehenden Frauen.