Berlin, Dresden (epd). Nach einem brutalen Angriff auf den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke in Dresden werden Rufe nach Konsequenzen zum Schutz der demokratischen Kräfte laut. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer „neuen Dimension antidemokratischer Gewalt“ und kündigte eine Sonderkonferenz der Innenminister von Bund und Ländern an. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte, die Demokratie müsse sich wehrhaft zeigen: „Dieser Ausbruch von Gewalt ist eine Warnung“, sagte Steinmeier.
Politiker der demokratischen Parteien reagierten mit Entsetzen auf die Attacken. Solche Angriffe bedrohten die Demokratie, schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf der Internetplattform X, vormals Twitter. „Wir müssen gemeinsam dagegen stehen“, erklärte Scholz.
Der SPD-Europaabgeordnete Ecke war am Freitagabend in Dresden-Striesen beim Plakatieren angegriffen und durch Schläge und Tritte schwer verletzt worden. Er ist sächsischer Spitzenkandidat der SPD für die Europawahl am 9. Juni. Ecke erlitt unter anderem Gesichtsverletzungen und befand sich am Sonntag noch zur stationären Behandlung im Krankenhaus, wie ein Sprecher der SPD-Sachsen sagte.
Auch ein 28-jähriger Wahlhelfer der Grünen war nahezu zeitgleich im selben Stadtteil beim Aufhängen von Plakaten angegriffen worden. Der Staatsschutz geht von derselben Tätergruppe aus.
In der Nacht zu Sonntag stellte sich in Dresden ein 17-Jähriger als mutmaßlicher Angreifer auf Ecke der Polizei. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) betonte, nach den übrigen Tatverdächtigen werde mit Hochdruck gefahndet. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprach auf X von einem „Angriff auf unsere demokratischen Werte“.
Derweil meldeten Polizeidienststellen aus mehreren Bundesländern am Wochenende weitere Zerstörungen von Wahlplakaten, unter anderem aus Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen.
Faeser kündigte an, auf der Innenminister-Sonderkonferenz (IMK) solle über ein Maßnahmenpaket beraten werden. Es gehe um noch mehr Präsenz der Polizei vor Ort und ein hartes Durchgreifen gegen die Feinde der Demokratie. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) kündigte als IMK-Vorsitzender in der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montag) bereits für Dienstag ein informelles Treffen mit seinen Ressortkollegen an.
Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) nannte den Angriff auf Ecke einen „Angriff auf unsere Demokratie“. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte dem „Tagesspiegel“: „Jeder kann der nächste sein.“ Die SPD-Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil erklärten: „Die Täter wollen uns als Repräsentanten einer demokratischen Gesellschaft einschüchtern.“
Der Deutsche Städtetag forderte härtere Strafen für Angriffe auf Politiker. „Wir müssen politisch Engagierte besser schützen“, sagte Städtetags-Präsident Markus Lewe (CDU) der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montag). Er regte eine Strafrechtsverschärfung an, die Nachstellungen, Aufmärsche vor Wohnhäusern und Drohungen gegen die Familien von Politikern verfolgt. Auch Kommunalpolitiker seien inzwischen fast täglich Bedrohungen und tätlichen Angriffen ausgesetzt.
Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anna-Nicole Heinrich, rief auf der Internetplattform Threads dazu auf, für die Demokratie und eine offene Gesellschaft einzustehen.
Bereits am Donnerstagabend hatte es in Essen eine Attacke gegen zwei Grünen-Politiker, den dritten Bürgermeister von Essen, Rolf Fliß, und den Bundestagsabgeordneten Kai Gehring, gegeben. Der Staatsschutz ermittelt.
Für Sonntagnachmittag wurde zu mehreren Demonstrationen gegen die Gewalttaten aufgerufen, unter anderem in Berlin, Dresden und im brandenburgischen Bernau.