Hamburg (epd). Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist nach Meinung des Wirtschaftsforschers Marcel Fratzscher das größte ungehobene wirtschaftliche Potenzial. „Eine bessere Bezahlung und damit eine höhere Beschäftigung von Frauen könnten helfen, Fachkräftelücken zu verkleinern“, schreibt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in der „Zeit“-Sonderausgabe zu 75 Jahre Bundesrepublik Deutschland (Samstag).
Viele Frauen wollten gerne mehr arbeiten, schreibt Fratzscher. Das unzureichende Betreuungsangebot für Kinder erschwere dies jedoch. „Das Steuersystem setzt mit dem Ehegattensplitting und Minijobs wenig Anreize für Frauen, nach der Familiengründung überhaupt oder deutlich mehr Stunden zu arbeiten. Zudem lässt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in vielen Unternehmen zu wünschen übrig.“
Frauen wollten auch nicht deutlich seltener Führungsverantwortung übernehmen als Männer, es werde ihnen nur oft schwerer gemacht als in vergleichbaren Ländern, schreibt der Professor für Makroökonomie an der Berliner Humboldt-Universität.
Deutschland habe einen der größten Gender-Pay-Gaps in Europa. Frauen erhielten durchschnittlich einen 18 Prozent geringeren Bruttostundenlohn als Männer. Diese Lohnlücke habe sich in den vergangenen vier Jahren auch nicht signifikant verringert. „Gleichen Lohn für gleiche Arbeit wird es also auf absehbare Zeit nicht geben“, bilanziert Fratzscher.