Aachen, Leverkusen (epd). Ein Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen hat eine Beschwerde gegen die Bayer AG bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eingereicht. Das Bündnis wirft dem Konzern schwerwiegende Umweltschäden in der Landwirtschaft in Südamerika und Menschenrechtsverletzungen vor, wie das katholische Hilfswerk Misereor am Donnerstag in Aachen mitteilte. Die Bayer AG wies die Vorwürfe zurück.
Der Agrarchemiekonzern fördere ein Agrarmodell in Südamerika, das zu Nahrungsunsicherheit, Wasserknappheit und extremer Abholzung führe, erklärte das Bündnis, dem neben Misereor weitere Organisationen aus Argentinien, Brasilien, Paraguay und Bolivien angehören. Das Modell könne zudem zu Gesundheitsauswirkungen sowie Landkonflikten mit indigenen und bäuerlichen Gemeinschaften beitragen.
Nach Ansicht des Bündnisses verstößt Bayer gegen die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. So sei der Konzern führend bei der Vermarktung von Glyphosat-resistentem Soja-Saatgut und den entsprechenden Pestiziden, hieß es. Das Bündnis forderte den Konzern auf, für gentechnisch verändertes Soja und Pestizide auf der Basis von Glyphosat risikobasierte Sorgfaltspflichten zu entwickeln, die auf die Situation in Lateinamerika passen.
Die OECD-Beschwerde des Bündnisses dokumentiert vier Fälle, die die negativen Auswirkungen des Agrarmodells in Argentinien, Brasilien, Paraguay und Bolivien deutlich machen sollen. Bayer habe es in den Ländern „versäumt, auf die schwerwiegenden Menschenrechts- und Umweltrisiken, die unmittelbar mit seinem Geschäftsmodell in der Region verbunden sind, angemessen zu reagieren“, hieß es.
Es seien weder die Auswirkungen der Nutzung von gentechnisch verändertem Saatgut und Pestiziden überwacht, noch seien effektive Maßnahmen ergriffen worden, um diese zu verhindern und abzumildern, sagte Sarah Schneider, Expertin für Landwirtschaft und Welternährung bei Misereor. Das Bündnis forderte den Konzern auf, seiner Sorgfaltspflicht in Lateinamerika nachzukommen und eine „nachhaltige Veränderung“ der Geschäftspraktiken vorzunehmen.
Ein Sprecher des Bayer-Konzerns wies die Kritik zurück. Die Bayer-Produkte seien sicher, zudem werde die Anwendung der Produkte durch „umfangreiche flankierende Maßnahmen“ überwacht, erklärte der Sprecher auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Glyphosat sei bei sachgemäßer Anwendung „sicher und nicht krebserregend“. Die EU-Kommission habe erst Ende 2023 die Genehmigung für das Pflanzenschutzmittel um zehn Jahre verlängert.
Die genannten Vorfälle aus Paraguay, Argentinien und Brasilien seien dem Konzern nicht bekannt, sagte der Sprecher weiter. Für die Rahmenbedingungen der Landwirtschaft in den verschiedenen Ländern seien im Übrigen die jeweiligen staatlichen Behörden zuständig.
Das Herbizid Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu sein und das Artensterben zu forcieren. Hergestellt und vertrieben wird es von der Bayer-Tochter Monsanto. Die Nationale Kontaktstelle der OECD hat nun drei Monate Zeit, um über die Zulässigkeit der Beschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Mediation zwischen den Betroffenen und dem Konzern zu unterstützen.