Berlin (epd). Der Weltbank-Chefökonom Dilip Ratha geht davon aus, dass Flüchtlinge nur in geringem Maß Geld in ihre Herkunftsländer schicken. Es gebe keinen Anlass, anzunehmen, dass Geflüchtete einen bedeutsamen Teil ihrer Sozialleistungen an Familien oder Freunde ins Ausland überweisen, sagte Ratha am Mittwoch in Berlin. Bei ihrer Ankunft seien sie zumeist mittellos und bräuchten die Sozialleistungen zunächst einmal für sich selbst zum Leben. Zudem flüchteten häufig ganze Familien, sodass in der Heimat kaum jemand sei, dem Geld überwiesen werden könnte.
Die Behauptung, Geflüchtete würden einen bedeutsamen Teil ihrer Sozialleistungen ins Ausland überweisen, diente zuletzt als Argument seitens Bund und Ländern, um eine neue Bezahlkarte für Geflüchtete einzuführen.
Schätzungen der Bundesbank zufolge geht besonders viel Geld in Länder, aus denen die meisten Arbeitsmigranten in Deutschland stammen, etwa die Türkei, Rumänien, Polen und die Ukraine. 75 Prozent der Überweisungen erfolgen innerhalb Europas. Wie die Schätzungen ergaben, flossen im Jahr 2023 insgesamt rund 6,8 Milliarden Euro als Rücküberweisungen ins Ausland. Der Anteil an Überweisungen in Asylherkunftsländer wie Syrien, Afghanistan oder Irak mache dabei einen Anteil von zwölf Prozent aus, wobei nicht unterschieden werden kann, ob das Geld von Flüchtlingen stammt, die Sozialleistungen beziehen oder selbst längst in Deutschland arbeiten.
Per Bezahlkarte sollen Asylbewerber künftig nur noch einen Teil ihrer Sozialleistungen in bar erhalten, der Rest wird auf die Karte geladen. Neben weniger Verwaltungsaufwand versprechen sich die Länder davon auch, den Anreiz zum Zuzug von Geflüchteten zu senken. Ziel ist es, die Möglichkeit der Überweisung staatlicher Gelder in die Herkunftsländer der Geflüchteten zu erschweren.