Potsdam (epd). An die mehr als 3.000 Opfer des NS-„Erbgesundheitsgerichts“ in Potsdam wird im März in der Gedenkstätte am historischen Ort erinnert. Anlass ist die erste Sitzung des Gerichts vor 90 Jahren am 10. März 1934. Die Dauerausstellung werde zum Jahrestag um mehrere Biografien in Leichter Sprache erweitert, teilte die Gedenkstätte am Dienstag in Potsdam mit. Sie sollen am 10. März vorgestellt werden. An Amtsgerichten wurden in der NS-Zeit mehr als 200 sogenannte Erbgesundheitsgerichte eingerichtet, um Zwangssterilisationen angeblich erbkranker Menschen anzuordnen.
Allein 1934 seien in der Region von dem Potsdamer Gericht Zwangssterilisationen von mehr als 700 Menschen beschlossen worden, hieß es. Insgesamt seien während der NS-Diktatur an verschiedenen Orten etwa 400.000 Menschen wegen vermeintlicher „Erbkrankheiten“ zwangsweise sterilisiert worden. Mehr als 6.000 von ihnen, vor allem Frauen und Mädchen, seien infolge von Komplikationen nach der Operation gestorben. Ein großer Teil der Betroffenen von Zwangssterilisationen seien Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren gewesen.
Für zahlreiche Zwangssterilisierte seien die Verfahren vor den Erbgesundheitsgerichten nur der Beginn weiterer Verfolgung gewesen, hieß es weiter: „Schätzungsweise 300.000 Menschen wurden ab 1939 Opfer systematischer Krankenmorde.“
Die Gedenkstätte ist in einem ehemaligen Gerichts- und Gefängnisgebäude untergebracht, das in der NS-Zeit auch Gefängnis für politisch und sogenannte „rassisch“ Verfolgte war. Danach wurde es vom sowjetischen Geheimdienst und dann von der Stasi als Gefängnis genutzt.