Nürnberg (epd). Der Weltgebetstag (WGT) der Frauen am 1. März ist nach Ansicht der Theologin Brunhilde Raiser „in diesem Jahr so wichtig wie noch nie“. Die weltweite christliche Initiative wird 2024 von palästinensischen Frauen gestaltet. Der Weltgebetstag sei so „wichtig, weil der Nahe Osten jede kleine Hoffnung auf Frieden oder auf einen den Frieden vorbereitende Begegnungen dringend braucht“, sagte die evangelische WGT-Vorstandsvorsitzende dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie hoffe, dass durch das in 120 Ländern stattfindende Event das Thema Palästina mehr Aufmerksamkeit erfährt.
Raiser erläutert die neue Gottesdienstordnung, die nach Kritik an der im September 2023 veröffentlichten Fassung Anfang Januar vorgestellt wurde. Es sei da geändert worden, wo es zum Verständnis hilfreich ist, damit es im deutschen Kontext nicht fälschlicherweise antiisraelisch oder antisemitisch oder antijüdisch verstanden werden könne. Entsprechende Vorwürfe einiger Theologen hätten sich aus ihrer Sicht jedoch „nicht bewahrheitet“.
Angesichts der dramatischen Ereignisse in Israel und Palästina seit dem Terror-Angriff der Hamas am 7. Oktober hatten WGT-Vorstand und Komitee eine aktualisierte Version der Gottesdienstordnung erarbeitet. Sie hat eine Auflage von 550.000 und dient bundesweit als Grundlage für Tausende von ökumenischen Gottesdiensten zum Weltgebetstag am ersten Freitag im März. Auch das Plakat, Postkarten und Flyer mit dem Motiv einer palästinensischen Künstlerin wurden geändert, da der Vorwurf, sie sei Hamas-freundlich, nicht ausgeräumt werden konnte.
Die Liturgie sei mit „einem klaren Blick auf Israel“ ausgeweitet worden, fügte Raiser hinzu. Es gebe nun eine eigene Fürbitte für die Opfer des Nahost-Konflikts, auch auf jüdischer Seite. Es sei zudem eine Fürbitte für jüdische Menschen in Deutschland aufgenommen worden. Die Sicht der Palästinenserinnen und ihre Erfahrungen seien allerdings nicht zugunsten Israels aufgelöst worden.
Zur jüngsten Kritik des Palästinensischen Komitees an den Änderungen Ihrer Liturgie räumte Raiser ein: „Es ist uns klar, dass die Kolleginnen sich damit schwertun“. Es sei aber „keine Zensur, auch wenn wir an einigen Stellen Begriffe verändert haben“. Das deutsche WGT-Komitee habe von „ihnen auch weder erwartet noch erbeten und schon gar nicht gefordert, dass sie dieser Fassung in irgendeiner Weise zustimmen“, sagte Raiser weiter: „Ich glaube, wir müssen das einfach aushalten, und zwar gegenseitig“.
Wichtig sei die Anpassung der Gottesdienstordnung an den deutschen Kontext gewesen. Das entspreche den Leitlinien des internationalen Weltgebetstags. Mit der Aktualisierung des Materials zu Palästina wollte das WGT-Komitee zudem einer zunehmend polarisierten Diskussion zum Nahost-Konflikt in Deutschland Rechnung tragen. Raiser erinnerte daran, dass der Weltgebetstag „ja von Haus aus ein Friedensgebet gewesen ist“.
Raiser warb um Verständnis für die Situation der Christen in Palästina. Sie lebten in einer die Existenz bedrohenden Situation. Sie erlebten seit Jahren, dass sie nicht wahrgenommen werden. Die Situation sei schon vor dem Angriff der Hamas auf Israel aufgeheizt gewesen. Die palästinensischen christlichen Kirchen „fühlen sich von unseren Kirchen im Stich gelassen“. Das Ganze habe sich dann auch auf den Weltgebetstag ausgewirkt.