Hannover (epd). Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hält die vorübergehende Unterbringung von geflüchteten Menschen in Zelten für unumgänglich. Alle regulären Standorte der Landesaufnahmebehörde seien derzeit zu 90 Prozent ausgelastet, die Not- und Behelfsunterkünfte zu 64 Prozent, sagte Behrens in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Kritik, die Landesregierung habe aus der Flüchtlingskrise von 2015/16, als erstmals Zelte aufgebaut wurden, keine Lehren gezogen, wies die Ministerin zurück. Die Menschen kämen sehr geballt, bis vor ein paar Tagen seien es Woche für Woche mehr als 1.200 gewesen.
Zudem habe Niedersachsen zusätzlich zu den 25.000 aus aller Welt geflüchteten Menschen viele ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. „Angesichts dieser Lage kommen wir um das Thema Zelte nicht herum“, sagte Behrens. Aktuell würden fünf Zelte, zwei in Braunschweig und je eins in Osnabrück, Bramsche und Friedland genutzt. In Hildesheim soll am Montag (27. November) eine weitere Notunterkunft des Landes für Geflüchtete mit weiteren Zelten in Betrieb gehen. Die Zelte seien immerhin winterfest, ordentlich beheizt und gut ausgestattet. „Das ist nicht die Wunschvorstellung. Aber die Alternative wäre Obdachlosigkeit.“
Die Ministerin hält an dem Vorhaben fest, im kommenden Jahr die Zahl der Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen auf 20.000 zu verdoppeln. Trotz vieler Widerstände vor Ort zeigte sie sich zuversichtlich. Die Mitarbeitenden versuchten, die Ängste in der Bevölkerung durch ausführliche Informationsveranstaltungen zu zerstreuen. „Das sind keine einfachen Debatten, aber wir müssen sie führen, denn wir haben die rechtliche und humanitäre Verpflichtung, die Geflüchteten unterbringen.“
Empört reagierte Behrens auf die Kritik, die Politik habe die eher ablehnende Stimmung in der Bevölkerung gegenüber Geflüchteten selbst mit angeheizt, in dem sie von illegaler Migration spreche und die Probleme überbetone. „Dieser Vorwurf ist eine Unverschämtheit. Man sollte die Besorgnisse in der Bevölkerung nicht ignorieren, sondern ernst nehmen.“ In Niedersachsen lebten mittlerweile mehr als 260.000 Menschen mit einer Fluchtgeschichte. Die Bürger seien weniger aufnahmebereit. Die Unterbringung sei auch in den Kommunen eine Herausforderung. Wer das ignoriere, stärke die AfD.