Heidelberg (epd). Die ehemalige Präsidentin des Zentralrates des Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sorgt sich um ein Nachlassen der deutschen Solidarität mit Israel. „Die Solidarität wurde nie so klar formuliert und so eindeutig gezeigt wie nach diesem schrecklichen 7. Oktober“, sagte sie zu den Reaktionen auf den Hamas-Überfall auf Israel der in Heidelberg erscheinenden „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Donnerstag). „Aber wenn die Bevölkerung sich irgendwann abwendet, dann wird es gefährlich“, warnte die 91 Jahre alte Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.
Inzwischen rückten der Mord an 1.400 Israelis und die Verschleppung von mehr als 200 weiteren im öffentlichen Bewusstsein in den Hintergrund. „Wir hören jetzt schon wieder dieselben alten Relativierungen, und Israels Verhalten wird wieder mit zweierlei Maß gemessen“, sagte Knobloch und fügte hinzu: „Am Beistand der Politik habe ich keinen Zweifel, da waren Worte und Taten unmissverständlich.“ Doch an der Seite Israels zu stehen, bedeute in Deutschland oft, sich einem virulenten Israelhass auszusetzen. Knobloch sagte: „Wir sind nicht allein, aber ich weiß nicht, wie lange das so bleibt.“
Deutschland erinnert am Donnerstag an die Gewaltexzesse gegen die jüdische Bevölkerung in der Reichspogromnacht vom 9. November 1938. Damals waren die Nationalsozialisten von der Diskriminierung von Juden zu offener Gewalt übergegangen. Mehr als 1.300 Menschen wurden getötet und mindestens 1.400 Synagogen in Deutschland und Österreich stark beschädigt oder zerstört.