Koblenz (epd). Der Katastrophenschutz im Landkreis Ahrweiler ist zum Zeitpunkt der Flutkatastrophe im Juli 2021 einem Gutachten zufolge nicht optimal organisiert gewesen. Formalisierte systematische Abläufe hätten gefehlt, einen Verwaltungsstab habe es nicht gegeben, erklärte die Staatsanwaltschaft Koblenz am Dienstag mit Verweis auf das von ihr in Auftrag gegebene katastrophenschutztechnische Gutachten.
Die Technische Einsatzleitung sei personell nicht ausreichend ausgestattet gewesen. Außerdem seien Aus- und Weiterbildung des eingesetzten Personals nicht ausreichend gewesen, „um den Anforderungen in den Erstphasen eines Maximalereignisses gerecht werden zu können“.
Dadurch habe die Technische Einsatzleitung kein systematisches und passendes Lagebewusstsein entwickeln können, teilte die Staatsanwaltschaft unter Verweis auf das Gutachten mit. Ein vorausschauendes Agieren sei aufgrund der ungünstigen Rahmenbedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr möglich gewesen. Stattdessen habe es eine permanente Überlastung gegeben. „Die anwesenden Personen haben alles gegeben - das Führungssystem ließ nur nicht mehr zu“, erklärte der Sachverständige.
Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler unterstrich, dass das Gutachten das Dilemma des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens offenlege. „Einerseits scheint im Landkreis nur ein unzureichendes Einsatzführungssystem vorgehalten worden zu sein, das die Leistungsfähigkeit der Technischen Einsatzleitung maßgeblich gemindert hat“, sagte er. „Andererseits ist nach Einschätzung des Sachverständigen eine Aussage darüber, welche Maßnahmen im Falle eines besseren Einsatzführungssystems mit welchem Erfolg tatsächlich hätten umgesetzt werden können und welche konkreten Schäden - insbesondere Personenschäden - hätten abgewendet werden können, nicht möglich.“ Das müsse nun juristisch bewertet werden.
Das Gutachten ist Teil der Ermittlungen über mögliche Versäumnisse von Politik und Einsatzleitung beim Hochwasser im Ahrtal. Bis Ende des Jahres soll der Abschlussbericht vorliegen. Seit rund zwei Jahren ermittelt die Anklagebehörde gegen den damaligen Landrat des rheinland-pfälzischen Landkreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), sowie den damaligen Leiter der Technischen Einsatzleitung wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung.
Am 14. und 15. Juli 2021 hatten Starkregenfälle Flüsse und Bäche anschwellen lassen und zu Überschwemmungen geführt. Mehr als 180 Menschen waren in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen ums Leben gekommen. Besonders stark betroffen war das Ahrtal.