Berlin (epd). Der Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler, will die anhaltende Ausgrenzung von Sinti und Roma nach 1945 aufarbeiten lassen. Er kündigte am Montag in Berlin eine Wahrheitskommission an, die voraussichtlich Anfang kommenden Jahres ihre Arbeit aufnehmen werde. Ziel sei, unter breiter Beteiligung der Betroffenen und der Öffentlichkeit die anhaltende Kriminalisierung und Benachteiligung der Minderheit zu untersuchen. Das Gremium solle überdies Handlungsempfehlungen für die Politik erarbeiten.
„Das Narrativ wurde den Tätern überlassen“, sagte Daimagüler über die Situation nach Kriegsende. Er widersprach damit der Auffassung, dass es nach 1945 eine Stunde Null gegeben habe, einen Bruch mit den Denkweisen der Nationalsozialisten. Sinti und Roma würden bis heute etwa in Schulen und auf dem Wohnungsmarkt ausgegrenzt. „Die Kriminalisierung von Sinti und Roma geht weiter“, unterstrich der Antiziganismusbeauftragte. Auch die Debatte über Clan-Kriminalität sei eine Folge dieser Denkweisen.
Die Kommission solle nicht nur aus Forschenden bestehen, sondern mindestens zur Hälfte aus Betroffenen, sagte der Antiziganismusbeauftragte. Dafür seien mehr als eine halbe Million Euro erforderlich. Ihre Ergebnisse sollten in einer Reihe von Präsentationen innerhalb der nächsten Jahre vorgestellt werden.
Wichtig sei, dass die Kommission unabhängig sei, betonte Daimagüler. Er äußerte sich am Rande eines Forums über nationalsozialistische Verbrechen und die anhaltende Verfolgung von Sinti und Roma.