Erfurt (epd). Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) nennt den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober einen Tag der ambivalenten Gefühle. Vieles sei in den vergangenen 33 Jahren gemeinsam geschafft und geschaffen worden, auf vieles könne man stolz sein, sagte Ramelow am Sonntag in Erfurt: „Wir müssen uns aber auch eingestehen, dass der Einheitsprozess weder strukturell noch in den Köpfen oder gar in den Herzen abgeschlossen ist und dass sich die großen Hoffnungen und Erwartungen in die Wiedervereinigung nicht immer erfüllt haben.“
Für viele Menschen im Osten sei die Wiedervereinigung mit harten Brüchen in ihrer Biografie verbunden gewesen. Die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten seien bis heute spürbar. „Es gibt weiterhin Lohnunterschiede bei gleicher Arbeit, bei den Führungskräften sind die Ostdeutschen unterrepräsentiert. Und es fehlen heute die, die weggegangen sind, weil sie ihre berufliche Zukunft nicht im Osten gesehen haben“, sagte Ramelow.
Diese besondere Gefühlslage der Ostdeutschen präge die aktuelle Debatte. Ramelow appellierte, die Sehnsucht nach Anerkennung und Gleichberechtigung, aber auch die Enttäuschung und das Gefühl des Zurückgelassenseins bei den Ostdeutschen müsse ernster denn je genommen werden. „Wir wollen diese Menschen nicht den Falschen überlassen, wir wollen und werden sie zurückgewinnen“, sagte er.
Der Freistaat Thüringen feiert den Einheitstag am Dienstag mit einem Festakt und Festkonzert im Theater Nordhausen. Gastgeber der diesjährigen zentralen Einheitsfeierlichkeiten und des traditionellen Bürgerfestes ist am Dienstag Hamburg. Das Motto lautet „Horizonte öffnen“.