Faeser zu EU-Migrationsgesetz: Wir werden heute zustimmen

Faeser zu EU-Migrationsgesetz: Wir werden heute zustimmen
Bundesinnenministerin Faeser (SPD) will der umstrittenen Krisenverordnung zustimmen, damit die groß angelegte EU-Asylreform noch vor der Europawahl verabschiedet werden kann. Polen und Ungarn äußern Kritik. Menschenrechtler sind entsetzt.

Brüssel (epd). Deutschland will der umstrittenen Krisenverordnung zustimmen, damit die groß angelegte EU-Asylreform vorankommt. „Obwohl wir noch weiteren Änderungsbedarf hätten, werden wir heute unserer Verantwortung gerecht. Wir werden heute diesem - wie wir finden von Spanien hervorragend ausgehandeltem - Kompromiss zustimmen“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem Treffen der 27 EU-Innenminister am Donnerstag in Brüssel.

Die sogenannte Krisenverordnung sieht Sonderregeln für EU-Staaten vor, die unter besonders hohem Migrationsdruck stehen. Dazu zählt, dass Asylsuchende bei der Registrierung an der Außengrenze länger unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können, auch können Standards bei Unterbringung und Versorgung abgesenkt werden.

Faeser betonte, es müsse sichergestellt werden, dass die Krisenverordnung nur im Ausnahmefall greife. Die Mitgliedsstaaten müssten daher in jedem Einzelfall mit qualifizierter Mehrheit zustimmen. Der Zugang zu Asylverfahren müsse auch im Krisenfall sichergestellt, Grund- und Menschenrechte gewahrt werden. Zudem brauche es ein Monitoring. „Bekannt ist, dass Deutschland sich für weitere Ausnahmen einsetzt, nämlich den Schutz besonderer Personengruppen“ wie Kinder und Familien, sagte Faeser. „Wir bedauern sehr, dass es keine Mehrheit dafür gibt.“ Dennoch sei der aktuelle Kompromiss zustimmungswürdig.

„Wir wissen, was auf dem Spiel steht“, sagte Faeser. „Nur wenn künftig die Außengrenzen geschützt werden, kann das Europa der offenen Grenzen im Inneren noch eine Zukunft haben.“ Nur wenn es gelinge, die EU-Asylreform insgesamt voranzutreiben, könnten die Staaten dauerhaft und wirksam entlastet werden, die besonders betroffen seien. „Dazu gehört Italien, aber auch Deutschland. Die Situation bei uns in den Kommunen ist sehr angespannt.“

An der Krisenverordnung gibt es heftige Kritik. Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International sehen sie als „Verrat an den Rechten von Menschen auf der Flucht“. „Ärzte ohne Grenzen“ erklärte, man beobachte in ganz Europa, „wie Staaten Abweichungen von Mindeststandards unter dem Deckmantel der 'Krise' oder 'Instrumentalisierung' vornehmen - mit dramatischen Folgen“.

Aber auch innerhalb der EU gibt es Widerstand, vor allem von Polen und Ungarn. Beide Staaten fordern eine noch härtere Gangart. Ungarns Vertreter betonte am Donnerstag, man brauche Konsens in sensiblen Fragen der Migrationspolitik und diesen Konsens gebe es nicht.

Ob es am Donnerstag zu einer Abstimmung über die Krisenverordnung kommen würde, war zunächst noch unklar. Auf der Tagesordnung war ursprünglich keine Abstimmung vorgesehen, weil es nicht genügend Unterstützung gab. Deutschland galt als Zünglein an der Waage. Mit der Zustimmung der Bundesrepublik dürfte es die notwendige qualifizierte Mehrheit für die Verordnung geben.

Der aktuelle Druck auf die EU-Innenminister ist deshalb so hoch, weil die EU die groß angelegte Asylreform noch vor den Europawahlen im Juni 2024 verabschieden will. Das EU-Parlament hatte vergangene Woche die Verhandlungen zu zwei Gesetzesvorhaben ausgesetzt, weil sich die EU-Mitgliedsstaaten bisher nicht auf eine gemeinsame Position für die Krisenverordnung haben einigen können.