Genf (epd). Die UN haben die Staatengemeinschaft eindringlich um Geld für die Katastrophenhilfe in Libyen gebeten. Die Lage nach den heftigen Überschwemmungen sei entsetzlich, schockierend und unvorstellbar in ihren Konsequenzen, sagte der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths am Freitag in Genf. 900.000 Menschen seien von der Flut betroffen, es gebe Spekulationen über 20.000 Tote. „Manche Menschen haben 50 oder mehr Angehörige verloren“, sagte Griffiths. Die UN bräuchten mehr als 71 Millionen US-Dollar (etwa 67 Millionen Euro), um 250.000 Menschen zu unterstützen. Unicef warnte vor gravierenden Folgen für Mädchen und Jungen. Unterdessen kamen erste Hilfsgüter aus Deutschland an.
Der Sturm „Daniel“ hatte Libyen am Sonntag erfasst. Epizentrum der Flut war die Hafenstadt Derna. Laut der international anerkannten Regierung und dem Libyschen Roten Halbmond gab es bis Donnerstag 6.000 bestätigte Tote und annähernd 10.000 Vermisste. Den UN zufolge fehlt es jedoch an verlässlichen Daten in den betroffenen Regionen, unter anderem, weil zerstörte Dämme und Brücken den Zugang erschweren.
Am dringendsten brauche es Ausrüstung, um Menschen im Schlamm und den beschädigten Gebäuden zu finden, Zelte, Essen, sauberes Wasser, sanitäre Einrichtungen und Mittel für die medizinische Erstversorgung, sagte Griffiths. In Anbetracht des Ausmaßes seien viele Menschen traumatisiert und bräuchten psychologische Hilfe. Zugleich müssten auch die Menschen unterstützt werden, die vom Katastrophengebiet Richtung Süden flüchteten.
Eine weitere Herausforderung bestehe in der Koordination der Hilfe mit der international anerkannten Regierung und den De-facto-Machthabern im Osten des Landes, um das gesamte Ausmaß des Desasters herauszufinden. Nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 übernahmen Milizen die Macht in dem erdölreichen Wüstenland und stürzten es nach und nach ins Chaos. Ein Bürgerkrieg spaltete Libyen in Machtbereiche im Osten und Westen mit zwei konkurrierenden Regierungen.
Das Kinderhilfswerk Unicef warnte vor den gravierenden Folgen der Flutkatastrophe für die Mädchen und Jungen im betroffenen Gebiet. Kinder seien einem erhöhten Risiko von Krankheitsausbrüchen, Vertreibung und dem Zusammenbruch der Grundversorgung ausgesetzt, teilte die UN-Organisation mit. Unicef Deutschland schätzt, dass etwa 300.000 Minderjährige unter den Auswirkungen der Überschwemmungen leiden.
Derweil kam ein von Bundeswehr und Technischem Hilfswerk (THW) organisierte Transport von Hilfsgütern in Libyen an. Die beiden Bundeswehr-Flugzeuge seien auf dem Flughafen der Hafenstadt Bengasi gelandet, teilte ein THW-Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit. Die 30 Tonnen Hilfsgüter seien an die Verwaltung in Bengasi zur Verteilung übergeben worden. Darin enthalten sind 100 Zelte mit Beleuchtung, 1.000 Feldbetten, 1.000 Decken, 1.000 Isomatten, 1.000 Wasserfilter und 80 Stromgeneratoren geladen.