Bremerhaven (epd). Der Bremerhavener Polar- und Umweltexperte Stefan Hain spricht sich für große Schutzgebiete auf hoher See aus. Der Leiter der Stabsstelle Umweltpolitik beim Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, sagte im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd), fernab der Küsten gebe es „viele schützenswerte Organismen und Lebensräume“. Bisherige Schutzgebiete seien oft sehr klein und küstennah. Potenzial sieht er vor allem in der Region um den Südpol, also in den Meeren rund um die Antarktis.
Hain setzt sich selbst für ein Schutzgebiet im Weddellmeer ein, einem Randmeer der Antarktis. Er sagte, sollte dieses Gebiet unter Schutz gestellt werden, wäre es mit einer Fläche von rund 2,2 Millionen Quadratkilometern das „mit Abstand größte marine Schutzgebiet weltweit“. Bislang halte ein Schutzgebiet im ebenfalls antarktischen Rossmeer mit einer Fläche von 1,6 Millionen Quadratkilometern diesen Rekord.
Sollte das Schutzgebiet im Weddellmeer angenommen werden und zusätzlich noch zwei vorgeschlagene Schutzgebiete im Südpolarmeer, käme die Menschheit dem sogenannten 30x30-Ziel deutlich näher. Das 30x30-Ziel besagt, dass bis 2030 insgesamt 30 Prozent der Erdoberfläche unter Schutz gestellt werden, um die Artenvielfalt auf der Erde und damit die Lebensgrundlagen der Menschen zu sichern. Da Ozeane gut 70 Prozent der Erdoberfläche bedecken, sind sie für das Erreichen des 30x30-Ziels unverzichtbar. Bislang haben nach den Worten des Umweltforschers 8,2 Prozent der Ozeanflächen weltweit einen Schutzstatus.
Hain betonte allerdings: „Wir wollen nicht Schutzgebiete, um diese Prozentzahl zu erreichen, sondern es geht darum, die empfindlichen Lebensgemeinschaften im Südpolarmeer zu schützen.“ Das Alfred-Wegener-Institut (AWI) setze sich bereits seit 2012 für das Schutzgebiet im Weddellmeer ein. 19 von insgesamt 27 Vertragsstaaten, die sich einem „Übereinkommen zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis“ (CCAMLR) angeschlossen hätten, befürworteten es ebenfalls.
Der AWI-Forscher nannte jedoch zwei Probleme: CCAMLR sei sowohl für den Schutz des Südpolarmeeres als auch für die Kontrolle der dortigen Fischerei zuständig. „Das macht die Sache etwas schwierig, weil es Interessenkonflikte zwischen Schützen und Nutzen gibt.“ Zum zweiten blockierten China und Russland die Ausweisung des Schutzgebietes. Das CCAMLR-Abkommen erfordere Einstimmigkeit. Dieses Konsensprinzip missbrauchten die beiden Länder, die keinen Bedarf für Schutzgebiete im Südpolarmeer sähen.