Berlin (epd). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) stößt mit ihren Plänen für eine schärfere Abschiebepraxis auf ein geteiltes Echo. Zwar begrüßten kommunale Spitzenverbände und Union am Donnerstag grundsätzlich die Stoßrichtung der Pläne. Ihnen geht das vorgelegte Papier aber noch nicht weit genug. Organisationen wie Pro Asyl geht das Vorhaben dagegen zu weit. Debatten über Abschiebungen führten nicht dazu, „dass mehr Menschen abgeschoben werden, sondern dass die Abschiebepraxis härter wird und dadurch Grundrechte von Schutzsuchenden verletzt werden“, erklärte die Organisation. Kritik an den Plänen kommt auch von den Grünen. Die Länder, mit denen Faeser die Vorschläge noch besprechen will, reagierten unterschiedlich.
Während die SPD-geführte Berliner Senatsinnenverwaltung den Vorstoß Faesers auf epd-Anfrage als „wichtigen Beitrag im konstruktiven Dialog mit den Ländern und Kommunen“ lobte, lehnte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) die Pläne als unzureichend ab. Die geplanten Maßnahmen seien nur punktuell praxistauglich und brächten überdies nur wenig spürbare Vorteile, sagte Beuth dem epd.
Das von einer Grünen-Ministerin geführte Thüringer Migrationsministerium erklärte, man wolle zunächst die Ergebnisse des Austausches zwischen Bund und Ländern abwarten. Die nordrhein-westfälische Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) mahnte, in der Diskussion eine grundlegende Strategie nicht zu vergessen. Ein Instrument, legale Einreisewege zu schaffen und gleichzeitig die Rücknahmebereitschaft in Herkunftsländern von Menschen ohne Bleibeperspektive in Deutschland zu erhöhen, seien Migrationsabkommen.
Das Bundesinnenministerium hatte am Mittwoch ein Diskussionspapier mit Vorschlägen zur Verschärfung der Abschieberegeln vorgelegt. Es sieht unter anderem vor, die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams, mit dem ein ausreisepflichtiger Ausländer festgesetzt werden kann, von zehn auf 28 Tage zu verlängern, die Gründe für eine Abschiebehaft auszuweiten und Asylbewerber unter Androhung von Strafen zur Mitwirkung am Asylverfahren zu bringen. Zudem sollen Polizisten künftig zur Durchsetzung einer Abschiebung in Gemeinschaftsunterkünften auch andere Räume als die des Betroffenen betreten können. Faeser will die Vorschläge nun mit Ländern und Kommunen erörtern.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund, wertete die Vorschläge als „ersten Schritt“, der aber nicht ausreiche. Es brauche dringend auch eine Beschleunigung der Gerichtsverfahren bei aufenthaltsrechtlichen Fragen, sagte der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbands, Gerd Landsberg, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). Zudem drang er darauf, Tunesien, Marokko, Algerien und Georgien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Ähnlich äußerte sich in den Zeitungen der Deutsche Landkreistag.
Kritik kam aus der Opposition im Bundestag. Die Gesetzesvorschläge zu Abschiebungen kämen „viel zu spät und reichen zur Lösung der Migrationskrise längst nicht aus“, erklärte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU). Sie erneuerte die Forderung nach Kontrollen an EU-Binnengrenzen und auch die Befugnis der Bundespolizei, Menschen an Binnengrenzen zurückweisen zu dürfen. Nach der Genfer Flüchtlingskonvention ist dies bei Asylbewerbern allerdings nicht möglich.
Die Grünen-Innenpolitikerin Lamya Kaddor kritisierte indes, dass Faeser trotz eines abgestimmten Verfahrens für das sogenannte Migrationspaket II nun „restriktive Aspekte“ herausgreife. Konkret kritisierte Kaddor den Vorschlag für einen längeren Ausreisegewahrsam. Wenn mehr als zehn Tage Zeit benötigt werde, könne Abschiebehaft beantragt werden, sagte sie. Mit einem zweiten Migrationspaket will die Ampelkoalition auch angekündigte Verbesserungen beim Familiennachzug zu Flüchtlingen und dem Zugang zu Integrationskursen umsetzen.
Faesers Parteikollege Dirk Wiese verteidigte die Vorschläge der Ministerin dagegen. Die vorgesehenen Verbesserungen seien „konkret, lösungsorientiert und basieren auf Erfahrungswerten“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag.