Berlin (epd). Der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner, hofft auf einen Rückgang der Treibhausgasemissionen durch den reformierten Handel mit Emissionszertifikaten in Europa. Die deutlich abgesenkten Emissionsobergrenzen ab 2024 könnten spürbare Impulse setzen, erklärte Messner am Freitag in Berlin zur Vorstellung des Jahresberichts der Deutschen Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt.
Dem Bericht zufolge sind die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland wie in den anderen 29 am Handel teilnehmenden europäischen Ländern im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr nahezu gleich geblieben. In den maßgeblichen Sektoren Energie und Industrie war die Entwicklung dabei gegenläufig.
So lagen die im Europäischen Emissionshandelssystem für Deutschland erfassten rund 1.730 stationären Anlagen bei einem Ausstoß von rund 354 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente. Das war eine Million Tonnen weniger als 2021. Die Emissionen der Energieanlagen stiegen um drei Prozent auf 242 Millionen Tonnen. Die Emissionen der Industrie gingen dagegen um sechs Prozent zurück auf 112 Millionen Tonnen. Grund seien der Krieg gegen die Ukraine gewesen und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Energiemärkte.
Der Europäische Emissionshandel gilt als zentrales Klimaschutzinstrument. Die Reform erfolgte vor dem Hintergrund des Klimaschutzziels, die Emissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu mindern. Neben abgesenkten Emissionsobergrenzen wird künftig auch der Anteil kostenloser Emissionsberechtigungen weiter zurückgehen. Die aus den Auktionen der Emissionszertifikate eingenommen Gelder könnten laut Umweltbundesamt die sozialen Folgen der Dekarbonisierung gerecht abfedern.
Messner betonte: „Der Ausbau der erneuerbaren Energien braucht noch mehr Tempo, und wir müssen bis 2030 aus der Kohle aussteigen.“ Bereits Anfang der Woche hatte er darauf verwiesen, dass Deutschland seine Klimaziele noch erreichen könne. Laut Umweltbundesamt wären dazu unter anderem mehr Schienenverkehr nötig sowie eine Reform der Kfz-Steuer und die Beschränkung fossiler Heizungen.
Die Emissionen der Energieversorger stiegen laut Jahresbericht das zweite Jahr in Folge an. Wegen stark gestiegener Gaspreise sank aber der Erdgaseinsatz in der Stromproduktion. Viele Kohlekraftwerke seien im Betrieb wirtschaftlicher gewesen als Gaskraftwerke, trotz der seit Einführung des Emissionshandels höchsten Preise von durchschnittlich mehr als 80 Euro pro Emissionsberechtigung. Der Einsatz von Braun- und Steinkohle für die Stromproduktion stieg damit gegenüber 2021 deutlich an.
Der Rückgang der Emissionen der Industrie sei auf eine verringerte Produktion zurückzuführen. Am meisten seien die Emissionen in der chemischen Industrie (minus 18 Prozent) zurückgegangen. Lediglich der Ausstoß der Raffinerien stieg um vier Prozent. Die Emissionen der von Deutschland verwalteten Fluggesellschaften lagen 2022 bei etwa 7,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, ein Anstieg um 55 Prozent gegenüber 2021.
Seit Einführung des Emissionshandels 2005 ist der Ausstoß der registrierten Anlagen europaweit um rund 38 Prozent zurückgegangen, in Deutschland um etwa 31 Prozent.