Nairobi, Freetown (epd). In Sierra Leone waren die Menschen am Samstag zur Wahl ihres nächsten Präsidenten und des Parlaments aufgerufen. Schon frühmorgens bildeten sich Schlangen vor den Wahlbüros. Die beiden Kandidaten, denen ähnliche Chancen ausgerechnet werden, sind der amtierende Präsident Julius Maada Bio von der Sierra Leone People’s Party und Samura Kamara vom All People’s Congress. Inmitten einer wirtschaftlich schwierigen Lage versprechen beide Kandidaten, mehr Jobs für die rund 8,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zu schaffen.
Das „Center for Journalism Innovation and Development“ berichtete auf Twitter, dass einige Wahlbüros am Vormittag später als geplant öffnen konnten und in einem Wahlbüro die Stimmabgaben kurzzeitig ausgesetzt wurde, am Nachmittag aber an vielen Orten eine relative Ruhe im Wahlprozess eingekehrt sei. Beobachtermissionen der Afrikanischen Union (AU) und der Europäischen Union waren im Einsatz, von offizieller Seite wurden bisher keine gravierenden Zwischenfälle berichtet. Die Beobachter der AU äußerten sich am Vorabend besorgt über Fälle von Gewalt und Einschüchterung vor den Wahlen.
Seit dem Ende des elfjährigen Bürgerkriegs 2002 ist in Sierra Leone eine lebendige Zivilgesellschaft entstanden. Etwa 3,4 Millionen Menschen sind zur Wahl registriert, rund 1,5 Millionen mehr als bei der vorherigen Wahl. 60 Prozent der Wahlberechtigten sind jünger als 35 Jahre alt. Um die Wahl für sich zu entscheiden, muss einer der beiden Kandidaten mindestens 55 Prozent der Stimmen erhalten, sonst gibt es eine Stichwahl. Sowohl Bio als auch Kamara sind politische Veteranen und werden am Nachmittag in ihren Hochburgen zur Stimmabgabe erwartet.
Ein großes Thema bei der Wahl ist die schlechte wirtschaftliche Lage im Land. Die Jugend fühlt sich außen vor und von den politischen Parteien in ihren Anliegen nicht ernst genommen. Proteste gegen die steigenden Lebenskosten, Korruption und Polizeigewalt in der Hauptstadt Freetown und der Oppositionshochburg Makeni im August vergangenen Jahres wurden von der Polizei niedergeschossen. Bei den Auseinandersetzungen starben laut Amnesty International mindestens 20 Zivilisten und sechs Polizisten.