Wiesbaden, Osnabrück (epd). Die Zahl der in Deutschland als vermisst geltenden Flüchtlinge im Kindesalter nimmt zu. Die Polizeibehörden registrierten laut Bundeskriminalamt (BKA) zum 1. Juni insgesamt 333 ungeklärte Vermisstenfälle von Kindern bis einschließlich 13 Jahren, die zuvor als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Deutschland erreicht hatten. 2022 seien es zum selben Stichtag 154 vermisste Kinder gewesen. 107 Fälle seien später geklärt worden, teilte das BKA am Montag dem epd auf Anfrage mit. Zuerst hatte die „Neue Osnabrücker Zeitung“ berichtet.
Die höchste Zahl vermisster alleinreisender Kinder hatte die Behörde 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise registriert. Damals waren demnach am 1. Juni 633 Kinder vermisst. Davon erledigten sich später 579 Fälle. In den Folgejahren ging die Zahl stetig zurück. Seit 2021 steigt sie wieder an. Der Rückgang könne mit greifenden Integrationsmaßnahmen begründet werden, erläuterte ein BKA-Sprecher. Der erneute Anstieg der Vermisstenzahlen könnte mit der Aufhebung verschiedener einschränkender Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Situation zusammenhängen. „Zudem dürfte sich die Zunahme der Flüchtlingszahlen auf den Anstieg der Vermisstenzahlen auswirken“, hieß es.
Jugendämter oder Betreuer würden Anzeige erstatten, wenn Kinder aus der staatlichen Obhut verschwinden, erläuterte der Sprecher. In vielen Fällen reisten die Vermissten auf eigene Faust zu Angehörigen weiter oder kehrten in ihre Heimat zurück. Es könne Jahre dauern, bis die Ermittlungsbehörden in Deutschland davon Kenntnis erhielten und den Fall abschließen könnten.
Die Zahlen unterlägen jedoch auch Schwankungen, betonte der Sprecher. Sie könnten täglich variieren, da sich Fahndungen in der Zwischenzeit wieder erledigten oder Fahndungsinhalte aktualisiert würden. „Bei den aktuell mitgeteilten Zahlenwerten handelt es sich daher um eine Momentaufnahme.“