Berlin (epd). Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat bei der aktuell debattierten Reform für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen die Einhaltung europäischer Menschenrechtsstandards angemahnt. Es müsse sichergestellt werden, „dass niemand länger als einige Wochen im Grenzverfahren stecken bleibt, dass Familien mit Kindern nicht ins Grenzverfahren kommen, dass das Recht auf Asyl im Kern nicht ausgehöhlt wird“, sagte Baerbock den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). Grenzverfahren seien „Fluch und Chance zugleich“, sagte die Außenministerin.
Der Vorschlag der EU-Kommission sei jedoch die einzige realistische Chance, in einer EU von sehr unterschiedlichen Mitgliedsstaaten auf absehbare Zeit überhaupt zu einem geordneten und humanen Verteilungsverfahren zu kommen, sagte Baerbock. Kritische Fragen aus den Parteien, von Nichtregierungsorganisationen oder Kirchen seien wichtig. „Aber auch ein Nichthandeln hätte bittere Konsequenzen“, unterstrich sie.
Ohne eine gemeinsame europäische Antwort gehe der Trend schon jetzt „überall zu mehr Abschottung, mehr Pushbacks, mehr Zäune“, warnte Baerbock. Ohne Ordnung an den Außengrenzen sei es nur eine Frage der Zeit, bis ein EU-Land nach dem anderen wieder über Binnengrenzkontrollen rede.
Die Außenministerin mahnte zugleich eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge in Europa an. Der neue Vorschlag der EU-Kommission sei kompliziert, habe aber auch viele an den Tisch geholt, die bisher blockiert hätten. Danach lege die Kommission jährlich fest, wie viele Menschen umverteilt werden müssten, und alle Mitgliedstaaten sagten fest zu, wie viele sie aufzunehmen bereit seien. „Wer weniger Geflüchtete aufnimmt, muss sich anders beteiligen, etwa mit Ausgleichszahlungen an die besonders belasteten Staaten“, sagte Baerbock. „Dass wir in der EU seit Jahren keine funktionierende gemeinsame Asylpolitik haben, ist Europas offene Wunde“, sagte die Grünen-Politikerin.
Der Kompromissvorschlag der EU-Kommission habe eine echte Chance, die sehr unterschiedlichen Anliegen in der EU zusammenzubringen, sagte Baerbock. Dazu gehörten drei Elemente: Alle Flüchtlinge würden an der Grenze registriert. Alle EU-Staaten verpflichteten sich auf einen verbindlichen Solidaritätsmechanismus. Verteilt werden sollten zudem nur Flüchtlinge, die auch eine Bleibeperspektive in Europa hätten. Das Thema der Verfahren an den EU-Außengrenzen für Migranten soll auch beim EU-Innenministertreffen am 8. und 9. Juni in Luxemburg beraten werden.