Offener Brief an Bundesregierung: Anwälte kritisieren Asylpolitik

Offener Brief an Bundesregierung: Anwälte kritisieren Asylpolitik

Berlin (epd). In einem Offenen Brief prangern Hunderte Anwältinnen und Anwälte die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung an. „Wir stehen in diesen Tagen vor den massivsten Verschärfungen des Flüchtlingsrechts seit Jahrzehnten“, kritisieren die Verfasser in dem am Freitag veröffentlichten Schreiben. Es erfolge derzeit ein Paradigmenwechsel: „Die Bundesregierung will das Asylverfahren demontieren und zu einem Schnellverfahren an den Außengrenzen machen.“

Unterzeichnet haben rund 700 Juristinnen und Juristen. Sie kritisieren die Reformpläne zum europäischen Asylrecht, die unter anderem Verfahren an der Grenze und die sogenannte Fiktion der Nicht-Einreise vorsehen. Damit werde ein Zustand der Rechtslosigkeit geschaffen, heißt es in dem Offenen Brief an Bundesregierung, Bundestag und Ministerpräsidentinnen und -präsidenten. „Dies wird mit der Einrichtung von Internierungslagern einhergehen. Flankierend dazu sollen auf nationaler Ebene Ausreisezentren geschaffen, Abschiebehaft ausgeweitet, die Liste sicherer Herkunftsstaaten verlängert und die Möglichkeiten des polizeilichen Zutritts zu Unterkünften zur Durchführung von Abschiebungen ausgebaut werden.“

Die Bundesregierung habe in ihrem Koalitionsvertrag in der Migrationspolitik einen Paradigmenwechsel in entgegengesetzter Richtung angekündigt, um Geflüchtete zu schützen, betonen die Unterzeichner. Sie habe zugesagt, sich für bessere Standards für Schutzsuchende in den Asylverfahren auf europäischer Ebene einzusetzen. „Nun betreibt sie eine Politik der Abschottung, in der die Menschen und ihre Rechte keinen Platz in den veröffentlichten Beschlüssen und Statements haben.“

Die auf nationaler und europäischer Ebene forcierten Änderungen „sind nicht nur eine der weiteren x-beliebigen Verschärfungen des Asylrechts - sie stellen das Recht von Geflüchteten, sie stellen den Rechtsstaat als solchen in Frage“, erklären die Juristinnen und Juristen weiter. Diese Politik werde keiner Kommune und keinem der vielen Helferinnen und Helfer vor Ort helfen. Sie werde vielmehr „die Entrechtung und das Leid an den europäischen Außengrenzen eskalieren“.