Wunstorf, Hannover (epd). Angesichts von Gewaltdarstellungen im Internet und in Videospielen hat die Schuldirektorin Elke Helma Rothämel aus Wunstorf bei Hannover dazu aufgerufen, Kinder beim Medienkonsum intensiv zu begleiten. Brutalität sei heute für Minderjährige nur durch ein paar Mausklicks zugänglich, sagte die Leiterin der Evangelischen IGS Wunstorf dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Wir müssen lernen, zum Schutz aller noch einmal aufmerksamer und im Gespräch zu sein.“ Im Januar hatte ein 14-jähriger Junge aus Wunstorf zugegeben, einen gleichaltrigen Mitschüler getötet zu haben. Beide Jugendlichen besuchten die Integrierte Gesamtschule, gehörten aber verschiedenen Klassen an.
Laut Rothämel können Gewaltdarstellungen im Internet dazu beitragen, dass die Hemmschwellen für solche Taten sinken. „Für mich liegt tatsächlich die These nahe, dass Kinder heute nicht mehr so wie wir früher Kinder sein können“, sagte sie. „Dass sie ungefiltert mit so vielen Bildern von Brutalität in den Medien konfrontiert sind, dass sich die Ungeheuerlichkeit eines solchen Tuns relativiert.“ In den vergangenen Monaten habe sich in Deutschland und Europa eine ganze Reihe von brutalen Gewalttaten durch Kinder an Kindern ereignet, bei denen die Täterinnen und Täter sogar noch jünger gewesen seien als der Schüler in Wunstorf.
Der mutmaßliche Täter sei an ihrer Schule „immer sehr in sich zurückgezogen“ gewesen, sagte Rothämel. Zugleich sei er ein kluger Schüler gewesen. Zuletzt seit er jedoch zunehmend unordentlich geworden. „Aber es gab für uns keine Hinweise, die auch nur annähernd auf das hingedeutet hätten, was er dann mutmaßlich getan hat.“
Die Eltern des Opfers trauerten immer noch stark, erläuterte die Schulleiterin. „Sie wollen verstehen, ohne dass sie es verstehen können.“ Andererseits seien sie in der Lage, zu vergeben. „Weil sie sagen: Unser Sohn hätte es auch getan.“ Die Eltern hätten deutlich gemacht, dass sie die Eltern des mutmaßlichen Täters nicht verurteilten: „Das ist ein ganz großartiges Zeichen.“
Der mutmaßliche Täter sitzt inzwischen in Untersuchungshaft in der Jugendanstalt Hameln. Ende April wurde er wegen Mordes angeklagt - laut Staatsanwaltschaft soll er sein Opfer gefesselt und mit Steinen erschlagen haben. Schon vorher soll er zudem bei Nachbarn Erpresserbriefe in die Briefkästen geworfen und Geld verlangt haben.