Kirkel (epd). Die Unabhängigen Aufarbeitungskommission (UAK) am Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) bestätigt Missbrauchsverdachtsfälle an Kindern und Jugendlichen und schlägt finanzielle Entschädigungen vor. Die vom ehemaligen Präsidenten des Bundeskriminalamtes und Bundesvorsitzenden der Opferorganisation Weißer Ring, Jörg Ziercke, geleitete Experten-Kommission legte am Mittwoch im saarländischen Kirkel nach rund zweieinhalbjähriger Arbeit ihren Abschlussbericht vor. Demnach stellte sie bei insgesamt mehr als 80 registrierten Missbrauchsverdachtsfällen in den Jahren 2010 bis 2014 sowie 52 ausgewerteten Patientenakten „sieben Fälle mit besonders hoher Belastung, 31 Fälle mit Belastung und 14 Fälle ohne festgestellte Belastung“ fest.
Konkret ging es dabei hauptsächlich um mutmaßliche Missbrauchshandlungen an Kindern in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Zwischen 2010 und 2014 soll ein Assistenzarzt medizinisch nicht notwendige Untersuchungen im Intimbereich von Kindern und Jugendlichen vorgenommen haben. Das Universitätsklinikum erstattete Ende 2014 Strafanzeige und kündigte dem Arzt fristlos. Da der mutmaßliche Täter 2016 starb, mussten die staatsanwaltlichen Ermittlungen eingestellt werden. Uniklinikum und Staatsanwaltschaft hatten damals entschieden, möglicherweise betroffene Patienten nicht über den Verdacht zu informieren.
Damit beschäftigte sich später auch ein Untersuchungsausschuss im saarländischen Landtag. Der Aufsichtsrat des Uniklinikums hatte die Unabhängige Kommission beauftragt, die Vorwürfe gegen das Klinikum zu untersuchen.
„Das Vertrauen der betroffenen Menschen im Saarland in das Universitätsklinikum hat durch die Ereignisse schweren Schaden genommen“, heißt es im Abschlussbericht. „Wesentliche Ursache für diesen Vertrauensverlust ist insbesondere die ausgebliebene Information der Angehörigen nach der internen Aufdeckung der Verdachtsumstände.“
Während ihrer 2021 begonnenen Aufarbeitungsarbeit hatte die Kommission 808 möglicherweise von Missbrauchsfällen betroffene Familien angeschrieben. 52 Familien hatten schriftlich mit der Kommission Kontakt aufgenommen, 14 von ihnen waren bereit, mit den ärztlichen Mitgliedern der Unabhängigen Kommission zu sprechen. „Die Entscheidungen der Betroffenen und ihrer Angehörigen, an der Aufarbeitung mitzuwirken oder auch nicht, müssen respektiert werden“, hieß es. „Oftmals braucht es eine Zeit von vielen Jahren, bevor Missbrauchsopfer in der Lage sind, sich über das Geschehene offenbaren zu können.“
„Nach den Jahren des fruchtlosen öffentlichen Streits über Verantwortung und Konsequenzen sind viele Menschen enttäuscht und müde geworden“, erklärte die Kommission. Nun gelte es, das Vertrauen der Menschen und Patienten in den Schutzraum Krankenhaus UKS zurückzugewinnen.