Berlin (epd). Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine am 24. Februar 2022 bis Ende April dieses Jahres haben 55 männliche russische Staatsangehörige im wehrfähigen Alter Asyl in Deutschland erhalten. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Zuerst hatte das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND, Mittwoch) darüber berichtet.
Insgesamt haben demnach 2.485 männliche russische Staatsangehörige im wehrfähigen Alter einen Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt. In 814 Fällen wurden über die Anträge entschieden; 88 davon negativ. In den verbleibenden 671 Fällen kam es zu einer „formellen Verfahrenserledigung“. Als „formelle Verfahrenserledigung“ bezeichnet das Ministerium „Entscheidungen im Dublin-Verfahren“ oder die „Rücknahme des Asylantrags“. Als wehrfähig gelten russische Männer im Alter von 18 bis 45 Jahren.
Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, sind noch 1.671 Verfahren anhängig. Russische Deserteure und Kriegsdienstverweigerer, die sich nicht an dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg beteiligen wollten, könnten in Deutschland Asyl beantragen, heißt es weiter in der Antwort. Sie erhielten im Regelfall internationalen Schutz. Die Entscheidungspraxis des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sei hierzu nach Kriegsbeginn angepasst worden.
Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, kritisiert die geringe Zahl positiv beschiedener Asylanträge: „Wenn weit über 100.000 Männer im wehrfähigen Alter Russland verlassen und sich Putins Krieg verweigern, aber nur 55 von ihnen in Deutschland offiziell Schutz finden, läuft etwas gewaltig schief“, sagte Korte dem RND.
Trotz vollmundiger Ankündigungen tue die Bundesregierung überhaupt nichts, um junge Russen darin zu bestärken, nicht gegen die Ukraine zu kämpfen, bemängelte Korte. „Es ist zynisch, dass die Bundesregierung die Dezimierung von Putins Armee durch Waffenlieferungen betreibt, aber nicht durch Unterstützung von Desertion und Kriegsdienstverweigerung“, sagte der Linken-Politiker.