Studie: Mehr Austausch von Gesundheitsversorgung und Pflege nötig

Studie: Mehr Austausch von Gesundheitsversorgung und Pflege nötig
Wenn es um die langfristige Versorgung von Seniorinnen und Senioren nach einem Krankenhausaufenthalt geht, hinkt Deutschland einer Studie zufolge hinterher. Wissenschaftler aus Siegen und Mannheim werben für mehr Koordination.

Siegen, Mannheim (epd). Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Siegen und des Mannheimer Zentrums für europäische Sozialforschung werben in einer Studie für eine bessere Koordination von Gesundheitsversorgung und Pflege. Deutschland komme im Vergleich zu Schweden, den Niederlanden und der Schweiz am schlechtesten weg, teilte die Universität Siegen am Montag mit. Es fehle an funktionierenden Strukturen, qualifiziertem Personal und klaren Zuständigkeiten.

Die Forscherinnen und Forscher haben nach eigenen Angaben für ihre Untersuchung insgesamt 50 Interviews mit Organisationen und Akteuren aus der Pflege geführt - davon 17 in Deutschland, 15 in den Niederlanden, zehn in Schweden und acht in der Schweiz.

Das Forscherteam führt in der Studie ein Alltagsbeispiel an: Eine Seniorin erleidet einen Oberschenkelhalsbruch. Nach der stationären Behandlung im Krankenhaus möchte sie weiter selbstständig in der eigenen Wohnung leben. Dazu benötigt sie professionelle Hilfe und muss ihr Alltagsleben neu organisieren. „In keinem der drei Vergleichsländer sind Patienten und ihre Familien so sehr auf sich gestellt wie in Deutschland“, kritisierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Hilfe der entlassenen Krankenhäuser reiche nicht, sagte der Siegener Gesundheitssoziologe und Leiter der Studie, Claus Wendt. Er nannte das deutsche System „für alle Beteiligten eine Zumutung“.

Bisher fehle ein Kommunikationsnetzwerk zwischen den einzelnen Akteuren, die für die Nachsorge zuständig sind, kritisierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie plädieren dafür, Gesundheitsversorgung und Altenpflege nicht mehr finanziell voneinander zu trennen. Dadurch würden nicht mehr Kosten zwischen den einzelnen Bereichen hin- und hergeschoben und stattdessen würde ein Fokus auf den Patientinnen und Patienten liegen. „Das würde eine kontinuierliche Versorgung erleichtern und organisatorische Hürden abbauen“, erklärte Wendt.

Zudem braucht es der Studie zufolge eine professionelle Gruppe, die mit der Koordination der einzelnen Bereiche beauftragt werden muss. Dies könnten etwa akademisch ausgebildete Pflegefachkräfte oder Allgemeinmediziner sein. Generell brauche es mehr Informationsaustausch und Zusammenarbeit.

In den Niederlanden und in Schweden gibt es laut Wendt „ein klares Hausarzt-System“. Das heißt: Jeder Patient und jede Patientin ist dort in die Liste eines Hausarztes oder einer Hausärztin eingetragen. Die Ärzte sind für die Einweisung ins Krankenhaus zuständig - und werden informiert, sobald die Entlassung ansteht. Sie seien in die Organisation der notwendigen Pflegeleistungen eingebunden, berichtete Wendt.

Neben den Hausärztinnen und -ärzten seien in anderen Ländern auch die Kommunen in die Koordination von Pflegeleistungen beteiligt. So unterstützten in der Schweiz die Kommunen ältere Menschen darin, Pflegeleistungen und Dienste wie Einkäufe, Essen auf Rädern oder Behördengänge zu organisieren.