Erfurt (epd). Nach scharfer Kritik von CDU und FDP hat Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) seine Vorstellungen für eine weitreichende Anerkennung von nach 2014 angekommenen Schutzsuchenden in Deutschland präzisiert. Er wolle jungen Leuten im Alter zwischen 16 und 25 Jahren, die schon seit Jahren hier leben, eine Bleibeperspektive ermöglichen, sagte Ramelow dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) am Freitag in Erfurt. In Thüringen würde eine solche pauschale Anerkennung 9.500 Personen betreffen.
„Es geht mir um einen Spurwechsel“, sagte Ramelow. Er wolle einem bestimmten Kreis von Menschen, die sowieso da sind, die Möglichkeit geben, den Asylantrag zurückzunehmen, um ihnen im Gegenzug eine Bleibeperspektive zu geben.
Der eigentliche Fehler sei, dass man in Deutschland Asylanträge nicht zurücknehmen dürfe. Damit würden immer mehr Verfahren produziert, die in einer asylrechtlichen Falle landen. „Damit landen Menschen bisweilen auf dem Schwarzmarkt, obwohl wir sie auf dem regulären Arbeitsmarkt dringend bräuchten“, sagte Ramelow.
Die FPD im Thüringer Landtag wies die Vorschläge als unvereinbar mit rechtsstaatlichen Prinzipien zurück. Der Vorsitzende Thomas Kemmerich sagte, dass das Asylrecht zwar ein grundgesetzlich verbrieftes Recht sei, keineswegs aber ein Zuwanderungsrecht darstelle. „Letztlich läuft sein Vorschlag darauf hinaus, eine unkontrollierte Zuwanderung zu ermöglichen“, kritisierte der FDP-Politiker. Deutschland brauche ein modernes Fachkräfte-Einwanderungsgesetz, doch löse dieses Verfahren nicht die Probleme auf dem Arbeitsmarkt.
Auch der Thüringer CDU-Fraktionsvorsitzende Mario Voigt wies die Vorschläge Ramelows zur Asylpolitik entschieden zurück. „Wir dürfen keine Freifahrtscheine verteilen und eine Einladung an jedermann aussprechen, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen. Das ist nicht im Interesse Thüringens“, sagte Voigt.
Zuvor hatte sich Ramelow in Zeitungen des „RedaktionsNetzwerkes Deutschland“ noch für eine pauschale Anerkennung aller nach 2014 angekommenen Schutzsuchenden ausgesprochen, sofern diese mindestens drei Jahre in Deutschland gelebt haben und nicht auffällig wurden. So könne das Asylsystem entlastet werden. Sein Vorschlag ziele darauf ab, die ganze Bürokratie und die Abschiebedebatten zu sparen.
Am Mittwoch findet im Kanzleramt in Berlin ein Flüchtlingsgipfel statt. Der Linken-Politiker betonte, dass der Bund den Ländern und Kommunen bei den finanziellen Lasten helfen müsse, die sich aus dem Flüchtlingszuzug ergeben. Insbesondere die hohe Zahl derer, die vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine geflohen sind, hat die Flüchtlingszahl im vergangenen Jahr in Deutschland stark ansteigen lassen. Mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine wurden registriert, überwiegend Frauen und Kinder.
Im vergangenen Jahr gab es nach einem Rückgang in den Corona-Jahren auch wieder einen Anstieg von Asylanträgen. Knapp 218.000 Erstanträge wurden gestellt, 47 Prozent mehr als 2021. Hauptherkunftsländer sind nach wie vor Syrien und Afghanistan. Auch in den ersten Monaten dieses Jahres ist die Zahl der Asylanträge weiter gestiegen.