Frankfurt a.M. (epd). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat Obergrenzen für eine Aufnahme Geflüchteter in Deutschland erneut abgelehnt. Im Interview mit „ZDF heute“ sagte sie am Sonntag, angesichts des Krieges in der Ukraine könne man im Moment nicht verlangen, Höchstgrenzen zu definieren. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) forderte unterdessen von der Bundesregierung eine Begrenzung des Zuzugs und stellte dabei auch die Zusagen für afghanische Ortskräfte infrage.
Freiwillige Aufnahmeprogramme wie etwa für Ortskräfte aus Afghanistan oder für Menschen aus anderen Ländern müssten sofort gestoppt werden, sagte er der „Bild am Sonntag“. Die Bundesregierung hatte im vergangenen Oktober das Aufnahmeprogramm gestartet, um durch die Herrschaft der Taliban besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen eine Zuflucht in Deutschland zu ermöglichen. Das Angebot richtet sich vor allem an ehemalige deutsche Ortskräfte, die nach dem Putsch der Taliban und der Evakuierung Kabuls im August 2021 Schutz suchen.
Monatlich sollten dabei 1.000 Aufnahmeplätze zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung erklärte kurz vor Ostern, dass mit ersten Aufnahme-Zusagen für die kommenden Wochen gerechnet werde.
Mit Blick auf das Bund-Länder-Treffen zur Flüchtlingspolitik am 10. Mai mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte Kretschmer, es gehe nicht allein ums Geld, sondern darum, dass die Anzahl der Menschen, die nach Deutschland kommen, reduziert werden müsse. Bei dem Treffen müsse die Bundesregierung Lösungen für die Länder und Kommunen präsentieren. Diese klagen seit einigen Monaten über eine Überlastung durch die Aufnahme geflüchteter Menschen.
Faeser verwies auf Bemühungen in der EU, die Menschen aus der Ukraine stärker auf die Mitgliedsstaaten zu verteilen, den Zuzug Geflüchteter insgesamt zu steuern und irreguläre Migration einzudämmen. Sie lobte die Arbeit der Kommunen und Ehrenamtlichen zur Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland und bestritt, dass es eine Überforderung gebe.
Im ersten Quartal dieses Jahres ist die Zahl der Asylanträge in Deutschland gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge haben im Zeitraum von Januar bis März dieses Jahres insgesamt 87.777 Menschen einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Das entspricht der Behörde zufolge einem Anstieg um rund 80 Prozent gegenüber dem Vorjahres-Quartal.
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) warnte angesichts der hohen Asylantragszahlen vor einer Überlastung der deutschen Sozialsysteme. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag) sagte er: „Wenn wir die gesamten Ressourcen der Gesellschaft für die Neuangekommenen einsetzen, aber für die Menschen hier vor Ort nichts mehr da ist, dann wird es diese Gesellschaft sprengen.“ Die Leistungsfähigkeit der Sozialsysteme sei irgendwann erschöpft.