Nairobi, Khartum (epd). Im Sudan ist eine angekündigte Waffenruhe offenbar gescheitert. Laut Medienberichten hielten die Kämpfe am Mittwoch zunächst den fünften Tag in Folge an. Wie der britische Sender BBC berichtete, waren am Morgen in der Hauptstadt Khartum Schüsse und Explosionen zu hören. Auch in sozialen Medien berichteten Anwohner von schweren Luftangriffen.
In dem Land am Horn von Afrika kämpfen die Armee und die paramilitärischen „Rapid Support Forces“ (RSF) seit Samstag um die Macht. Am Dienstagnachmittag hatten die Konfliktparteien eine 24-stündige Feuerpause angekündigt, die ab 18 Uhr gelten sollte. Die US-Botschaft in Khartum berichtete jedoch auf Twitter bereits knapp zwei Stunden später von Gefechten.
In dem Konflikt stehen sich der Armee-General Abdul Fattah Al-Burhan und der RSF-Befehlshaber Mohamed Hamdan Dagalo, genannt „Hemeti“, gegenüber. Beide Konfliktparteien hatten sich gegenseitig die Schuld für die Eskalation gegeben. Die Vereinten Nationen und Regierungsvertreter bemühen sich um eine diplomatische Lösung.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bei den Kämpfen bisher 270 Menschen getötet. Mehr als 2.600 Personen wurden verletzt, wie die WHO unter Berufung auf das sudanesische Gesundheitsministerium mitteilte. 16 Krankenhäuser seien wegen der Kämpfe nicht in Betrieb.
Die Hilfsorganisation Care mahnte den Schutz der Zivilbevölkerung an. Frauen und Mädchen seien unverhältnismäßig stark von Gewalt betroffen, insbesondere wenn sie ihre Häuser und Gemeinden verlassen müssten, sagte die Regionaldirektorin für Ost- und Zentralafrika, Kate Maina-Vorley.
Derweil äußerte sich „Human Rights Watch“ (HRW) besorgt über die Menschenrechtslage. Die beteiligten Parteien hätten „noch nie auch nur einen Funken Respekt für Menschenrechte gezeigt“, sagte die Horn-von-Afrika-Direktorin der Menschenrechtsorganisation, Laetitia Bader, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Schwere Waffen seien in Wohnvierteln eingesetzt worden und Luftangriffe hätten zivile Ziele wie Krankenhäuser getroffen.
Bader kritisierte zudem, dass die internationale Gemeinschaft nachsichtig mit den konkurrierenden Militärs umgegangen sei. Immer wieder habe man betont, dass eine Zusammenarbeit mit ihnen nötig sei, um das Land zu stabilisieren. Der zivilgesellschaftlichen Bewegung sei in den diplomatischen Bemühungen zu wenig Gewicht gegeben worden.
Im Jahr 2019 hatte eine Protestbewegung den autoritären Langzeitherrscher Omar Al-Baschir gestürzt. Das Militär weigerte sich jedoch, seine Macht an eine zivile Regierung abzugeben. Proteste für eine Demokratisierung des Landes wurden teils blutig niedergeschlagen. Im Oktober 2021 putschten die jetzigen Widersacher Al-Burhan und „Hemeti“ und setzten eine zivil-militärische Übergangsregierung ab. Zuletzt wurde über einen Plan zum Übergang zur Demokratie verhandelt.