Brüssel, Luxemburg (epd). Jedes Jahr werden nach Einschätzung des Europäischen Rechnungshofes (EuRH) bis zu drei Milliarden lebende Tiere aus wirtschaftlichen Gründen innerhalb der EU transportiert. Die Finanzprüfungsinstanz der EU kommt in einer am Montag in Luxemburg veröffentlichten Analyse zu dem Ergebnis, dass Landwirte und Fleischproduzenten systematisch versuchen, ihre Kosten durch Transporte zu senken und die Gewinne zu erhöhen, indem sie unterschiedliche Regelungen der EU-Mitgliedstaaten nutzen.
Dies führe dazu, dass Tiere oft mehrmals in ihrem Leben über längere Strecken transportiert würden, sagte die zuständige Prüferin Eva Lindström. Die Tiere litten bei den Transporten unter Stress, Hunger, Durst, Hitze und Platzmangel. Mehr als ein Drittel der Fahrten, die der Rechnungshof untersuchte, hätten länger als acht Stunden gedauert. Tierschutzstandards würden nicht immer eingehalten. Dass die Mitgliedsstaaten die geltenden EU-Vorschriften nicht einheitlich umsetzen, könne dazu führen, dass Transportunternehmen längere Strecken wählen, um Mitgliedstaaten mit einer strikten Umsetzung der Vorschriften zu meiden.
Grund für die Transporte lebender Tiere sei zudem, dass die Nutztierhaltung in den Ländern der EU unterschiedlich stark ausgeprägt ist und Regionen und Betriebe sich zunehmend auf einzelne Tierarten und Produktionsschritte spezialisieren. Da die Transportkosten nur einen kleinen Teil des endgültigen Verkaufspreises ausmachen, lohne es sich oft, die Tiere auch über weite Strecken zu verfrachten, um von den regionalen Preisunterschieden zu profitieren. Die EU-Kommission will ihre Tierschutzvorschriften bis Ende 2023 überarbeiten.
Die Prüfer regen an, „das Tierleiden in die Transportkosten einzupreisen“. Dabei beziehen sie sich auf eine Studie, wonach im Kilogramm-Preis für im deutschen Einzelhandel verkauftes Geflügelbrustfilet, das aus der EU kommt, durchschnittlich nur zwei Cent für den Transport enthalten sind.
Zudem verweist der Rechnungshof darauf, dass der Transport von Fleisch Studien zufolge weniger umwelt- und klimaschädlich ist, als der lebender Tiere. Tiertransporte, Tierleid und Umweltbelastung könnten also zumindest verringert werden, wenn die Tiere näher an der Produktionsstätte geschlachtet werden.
Auch die Konsumenten sind nach Ansicht des Rechnungshofes in der Verantwortung. Man müsse ihnen mehr Informationen, beispielsweise in Form von einheitlichen Kennzeichnungen, bieten: „Die Verbraucher können eine treibende Kraft für den Wandel sein“, sagte Lindström.
Die Wege der Tiere sind oft verschlungen. So ist Deutschland der größte Abnehmer von niederländischen Schweinen, während die Niederlande der größte Importeur deutschen Geflügels sind. Auch aus Dänemark wird eine hohe Zahl junger Schweine nach Deutschland gebracht. Diese zu mästen sei in Deutschland zwar an sich teurer als in Dänemark, durch die geringeren Lohn- und Transportkosten werde es insgesamt aber günstiger.