Berlin (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hat sich besorgt über Verrohung und Gewalt unter Jugendlichen geäußert. Besonders erschüttert sei sie, dass es in Fällen wie der Tötung einer Zwölfjährigen aus Freudenberg durch zwei etwa gleichaltrige Mädchen vor einem Monat offenbar keinerlei natürliche Hemmschwellen gegeben habe, sagte Kurschus den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). „Gewalt wird immer 'normaler' und 'alltäglicher'. Das lässt abstumpfen.“
Eine Rolle bei möglichen Erklärungen spielten wohl „die zahllosen Bilder von Grausamkeiten und Gewalt, die immer selbstverständlicher von Jugendlichen konsumiert werden - gerade auch im Netz und über die Social-Media-Kanäle“, sagte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen. Zudem ändere sich zunehmend das gesellschaftliche Klima: „Kritik schlägt plötzlich in blanken Hass um, aus verächtlichen Worten wird im Nu eine gewaltsame Tat. Das ist erschreckend.“
Auch „unbarmherzige und verzerrte Ideale“ könnten zu Gewalttaten wie in Freudenberg beitragen, sagte die westfälische Präses. „Auch hierbei spielen die sozialen Medien eine Rolle.“ Die auf den verschiedenen Kanälen transportierte Bilder- und Fotoflut bereite ihr Sorge, immer gehe es um dieselben Fragen: „Wie sehe ich aus, bin ich hässlich, bin ich schön, bin ich zu dick, habe ich einen Freund oder eine Freundin?“ All das habe für Mädchen in einem bestimmten Alter einen sehr hohen Stellenwert.
An die Gesellschaft appellierte Kurschus, aufeinander zu achten und besonders Kindern und Jugendlichen mit Zuwendung, Aufmerksamkeit und Liebe zu begegnen. Eine Herabsetzung der Strafmündigkeit hielte sie dagegen für falsch, betonte die EKD-Ratsvorsitzende: „Hier geht es nicht um das Strafmaß, damit würde man es sich zu einfach machen.“ Es sei wohl ein tieferes Forschen nach möglichen Ursachen nötig.