Karlsruhe (epd). Zwölf Stühle und zwölf Emaille-Schüsseln mit warmem Seifenwasser und Handtuch: Mitten auf dem Karlsruher Marktplatz haben der evangelische Dekan Thomas Schalla und der katholische Dekan Hubert Streckert gemeinsam mit weiteren Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Ehrenamtlichen am Gründonnerstag Passanten die Füße gewaschen.
Anfangs war der Initiator der Aktion, der evangelische Citykirchenpfarrer Dirk Keller, skeptisch, wie viele Menschen ihm die Füße „zustrecken“ würden. Dann habe es viele sehr intensive Begegnungen gegeben. „Ja, der Jesus wusste schon, dass die Liebe auch durch die Füße geht“, sagt Keller. Er ist überrascht, wie viele Menschen das Angebot annehmen. Schnell sind die zwölf Stühle wieder besetzt. Ehrenamtliche bringen Schalen mit neuem Seifenwasser und kleine Schälchen mit Narda-Öl aus Israel.
Das vor allem von der katholischen Kirche bekannte Gründonnerstags-Ritual soll daran erinnern, wie Jesus am Abend vor seinem Tod am Kreuz seinen Jüngern die Füße gewaschen hat. Traditionell waschen der Papst und auch Priester an diesem Tag anderen Gläubigen die Füße.
Peinlich oder unangenehm sei es überhaupt nicht gewesen, erzählt eine ältere Dame mit Rollator: „Es war so berührend, ein einmaliges Erlebnis“. Ähnlich geht es auch einer jungen Frau aus Venezuela, die für einige Tage in Karlsruhe zu Besuch ist. „Es war das perfekte Zeichen für meinen Glauben“, sagt die Katholikin Fatima.
Nachdem sie die grünen Socken mit den symbolischen weißen Händen angezogen hat, spendet ihr Dekan Streckert auf Englisch den Segen „Gott bless you“. Für den katholischen Priester ist es eine Premiere. Zwar wasche er jedes Jahr in der katholischen Kirche Menschen in der Kirche die Füße, aber noch nie ökumenisch und in der Öffentlichkeit.
Zum ersten Mal seift auch Hanna Siegmann fremden Menschen die Füße ein. Anfangs sei es zwar ungewohnt gewesen, aber auch eine „total schöne Geste“. Es sei etwas ganz Besonderes, den Menschen die Füße zu waschen und danach mit einem Öl zu salben, sagt die Ehrenamtliche.
Von einem wunderbaren Erlebnis spricht auch der evangelische Dekan Thomas Schalla: „Mit den Füßen ist es wie mit dem Glauben, man spricht meist nicht darüber.“ Es sei eine gute Möglichkeit, mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen und Nähe aufzubauen.