Frankfurt a.M., Phnom Penh (epd). Die Tempelanlage Angkor Wat in Kambodscha ist laut Amnesty International Schauplatz gravierender Menschenrechtsverbrechen. Die kambodschanische Regierung vertreibt demnach Tausende Familien, die in der Umgebung des Weltkulturerbes leben. Zwar bezeichneten die Behörden die Umsiedlungen als freiwillig, doch die Anwohner hätten von Drohungen und massivem Druck berichtet, wenn sie nicht gehen. „Das sind Zwangsräumungen in einem riesigen Ausmaß“, kritisierte die Amnesty-Expertin Ming Yu Hah.
Der kambodschanische Ministerpräsident Hun Sen hatte im vergangenen Jahr angekündigt, dass Tausende Familien, die in der Umgebung der Tempelanlage leben, gehen müssten, damit die Anlage nicht ihren Titel als Weltkulturerbe verliere. Die UN-Kultur- und Wissenschaftsorganisation Unesco, die die Welterbetitel vergibt, erklärte daraufhin laut Medienberichten, sie habe nie Umsiedlungen gefordert. Angkor Wat wurde zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert erbaut und ist seit 1992 Weltkulturerbe. Laut Amnesty International besuchen geschätzte zwei Millionen Touristinnen und Touristen die Anlage pro Jahr.
Die Organisation rief die kambodschanischen Behörden auf, die Zwangsumsiedlungen einzustellen. Recherchen hätten ergeben, dass die Menschen nicht nur nicht vor erzwungenen Evakuierungen geschützt würden, sie erhielten auch keine vorherige Warnung oder Mitspracherecht zum Umsiedlungsprozess. Viele umgesiedelten Familien hätten am neuen zugewiesenen Wohnort Run Ta Ek, knapp 40 Kilometer von der Tempelanlage entfernt, weder ein Haus noch Trinkwasser oder sanitäre Einrichtungen gehabt. Zudem seien Familien bei der Zuteilung von Land auseinandergerissen worden. Die Anwohner drohten in die Armut abzurutschen, warnte Amnesty.
Demnach erhalten die Anwohner bei einer „freiwilligen“ Umsiedlung rund 300 US-Dollar (etwa 276 Euro), ein Stück Land, einige Wellblechplatten, Lebensmittel für zwei Monate, ein Moskitonetz, eine Plane und eine Karte für ein Hilfsprogramm, das von Deutschland und Australien unterstützt werde. Die Regierung habe den Menschen damit gedroht, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt gar keine Hilfe erhalten werden, kritisierte Amnesty.