UN: Streitkräfte und Milizen verübten Kriegsverbrechen in Libyen

UN: Streitkräfte und Milizen verübten Kriegsverbrechen in Libyen

Genf (epd). Die Ermittlungsmission der Vereinten Nationen zu Libyen hat tiefe Sorge über die schwere Menschenrechtskrise in dem nordafrikanischen Land geäußert. Es sei davon auszugehen, dass staatliche Sicherheitskräfte und bewaffnete Milizen eine Vielzahl von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt hätten, teilten die Ermittler am Montag in Genf mit.

In einem Abschlussbericht für den UN-Menschenrechtsrat dokumentieren die Ermittler zahlreiche Fälle von willkürlicher Verhaftung, Mord, Vergewaltigung, Versklavung, außergerichtlicher Tötung und gewaltsamem Verschwindenlassen. Fast alle befragten Überlebenden hätten aus Angst vor Repressalien, Verhaftung und mangelndem Vertrauen in das Justizsystem davon abgesehen, Anzeige zu erstatten.

Vor allem Migrantinnen und Migranten seien Opfer der Straftaten. Es gebe überwältigende Beweise dafür, dass sie systematisch gefoltert und sexuell versklavt worden seien. Der weit verbreiteten Straflosigkeit müsse ein Ende gesetzt werden, sagte Mohamed Auajjar, der Vorsitzende der Kommission. Die libyschen Behörden hätten die Aufgabe, die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen.

Angriffe „auf Menschenrechtsverteidiger, Frauenrechtler, Journalisten und zivilgesellschaftliche Vereinigungen haben eine Atmosphäre der Angst geschaffen, die Personen zur Selbstzensur, zum Verstecken oder ins Exil getrieben hat“, heißt es in dem Bericht.

Der UN-Menschenrechtsrat hatte die Ermittlungsmission zu Libyen im Juni 2020 gegründet und ihr Mandat im Juli 2022 um neun Monate verlängert. Sie soll Menschenrechtsverletzungen seit Anfang 2016 untersuchen. Laut UN haben die Ermittler mehr als 2.800 Informationsstücke gesammelt, darunter auch fotografisches und audiovisuelles Bildmaterial.

Nach dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi 2011 hatten Milizen die Macht in dem rohstoffreichen Wüstenland übernommen und es ins Chaos gestürzt. Im Oktober 2020 einigten sich die wichtigsten Parteien unter UN-Vermittlung auf einen Waffenstillstand. Eine Übergangsregierung wurde eingesetzt. Wahlen wurden geplant, jedoch noch nicht abgehalten.