Meißen, Dresden (epd). Betroffene sexuellen Missbrauchs werfen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens mangelnde Aufarbeitung und fehlende Transparenz vor. Der Sprecher der Betroffenengruppe, Matthias Oberst, sagte am Montag in Meißen, sie seien bisher kaum in den Aufarbeitungsprozess der Landeskirche eingebunden worden. Auch gebe es von der Kirchenleitung keine Bemühungen, weitere Betroffene zu finden.
„Wir haben das Gefühl, die Kirche geht nicht auf uns zu, wir müssen ständig auf sie zugehen“, sagte Oberst. In Meißen bei Dresden hatten sich am Wochenende 15 Betroffene zu Gesprächen getroffen und die „Initiativgruppe Missbrauchsaufarbeitung und -prävention“ gegründet sowie eine eigene Internetseite erstellt. Sie hoffen, auf diesem Weg weitere Betroffenen zu finden.
Dabei geht es um Missbrauchsfälle, für die der 2013 verstorbene Chemnitzer Jugendwart und Diakon Kurt Ströer (1921-2013) verantwortlich gemacht wird. Von 1956 an soll er 30 Jahre lang junge Menschen missbraucht haben. Der Diakon habe Jugendliche, aber auch Erwachsene „mit seinen sexuellen Begierden, theologischen Ansichten und fragwürdigen Methoden seelisch und geistig vergewaltigt“, hieß es aus dem Kreis der Betroffenen. Die Vorwürfe waren 2021 öffentlich geworden.
In der sächsischen Landeskirche sind nach eigenen Angaben bislang 48 Fälle sexuellen Missbrauchs bekannt. Allein 33 Fälle sollen im Zusammenhang mit Ströer stehen. Zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs hatte die Landeskirche 2020 eine unabhängige Kommission eingerichtet sowie eine Meldestelle zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt.