Berlin (epd). Die unabhängige Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus begrüßt die von der Ampel-Koalition geplante Entschärfung bei den Strafen für die Verbreitung von Kinderpornografie. „Wir haben bereits im Gesetzgebungsverfahren darauf hingewiesen, dass wir Nachteile von einigen Aspekten der Strafverschärfung befürchten“, sagte Claus am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Verschärfung habe wie erwartet zu einer stärkeren Belastung von Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten geführt, weil die pauschale Ausgestaltung als Verbrechen es schwieriger mache, Fälle und Verfahren zu priorisieren.
„Dadurch bleiben auch schwere Taten mitunter länger unbearbeitet, Durchsuchungsbeschlüsse werden verspätet vollstreckt und die Auswertungsdauer von Datenträgern steigt weiter an“, sagte Claus. Zudem führe der Wegfall der Möglichkeit, Verfahren einzustellen, dazu, dass Personen kriminalisiert und mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bestraft werden, „die unter Umständen lediglich helfen oder aufmerksam machen wollten“, ergänzte sie und verwies auf besorgte Eltern, die auf dem Handy ihres Kindes auf entsprechende Bilder und Videos stoßen.
Vor zwei Jahren hatte der Bundestag beschlossen, sexuelle Gewalt gegen Kinder grundsätzlich als Verbrechen zu ahnden, womit die Mindeststrafe bei einem Jahr Freiheitsentzug liegt und eine Einstellung von Verfahren nicht möglich ist. Das gilt seitdem auch für den Besitz sowie die Verbreitung von Bildern und Filmen mit Missbrauchsdarstellungen. Weil nun auch Eltern, die Bilder und Filme aus Besorgnis weiterleiten, oder Schülern, die solche Darstellungen austauschen, Strafverfolgung droht, wollen SPD, Grüne und FDP die Reform zumindest in diesem Teil wieder entschärfen.
Claus wies darauf hin, dass es bei Jugendlichen zwar weiterhin Möglichkeiten zur Einstellung eines Verfahrens gebe. Diese seien jedoch stets mit einem Eintrag im Erziehungsregister verbunden, „was zu einer unnötigen Stigmatisierung junger Menschen führt“. Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung mahnte neben der Diskussion über die Strafen aber auch an, die aktuellen Ressourcen zu prüfen. „Justiz und Ermittlungsbehörden brauchen ausreichende Ressourcen, um sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche konsequent zu verfolgen, gerade wenn im Netz bisher unbekanntes Bildmaterial auftaucht“, sagte sie.