Dessau-Roßlau (epd). Die Familie des 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh bringt den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das Straßburger Gericht habe bereits in anderen Fällen betont, dass bei Todesfällen in Gewahrsam eine Pflicht zur nachvollziehbaren Aufklärung der Todesumstände seitens des Staates bestehe, teilte die „Initiative Oury Jalloh“ am Montag in Dessau-Roßlau mit.
Am vergangenen Donnerstag hatte das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde des Bruders von Jalloh abgewiesen. Die Einstellung weiterer Ermittlungen verstoße nicht gegen das Grundgesetz, entschieden die Karlsruher Richter (AZ: 2 BvR 378/20). Insbesondere die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg habe eingehend geprüft, ob sich über den bisherigen Ermittlungsstand hinaus weitere erfolgversprechende Ermittlungsansätze ergeben könnten.
Der Tod des Asylbewerbers aus Sierra Leone sorgte damals bundesweit für Empörung. In der Folge wurde 2012 nach wiederholten Ermittlungen ein Dienstgruppenleiter wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Mit seiner Verfassungsbeschwerde vom November 2019 wollte der Bruder des Opfers erreichen, dass erneut in dem Fall ermittelt wird. Er geht laut Unterstützerkreis von einer vorsätzlichen Tötungsabsicht aus.
Nach offizieller Behördenversion soll sich der damals 36-Jährige im Keller des Polizeireviers, an Händen und Füßen gefesselt, auf einer feuerfesten Matratze selbst angezündet haben. Brandgutachter, Mediziner und Kriminologen erklärten wiederholt, dass dies nicht möglich sei.