Potsdam (epd). Der evangelische Theologe Jan Kingreen übernimmt zum 1. März die Pfarrstelle am neuen Potsdamer Garnisonkirchturm. Der historische Turm als Teil der Garnisonkirche zähle „zu den Gebäuden in Deutschland, die sich eindrücklich in die Erinnerungskultur eingeprägt haben“, sagte Kingreen dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Potsdam: „Daraus erwächst für mich der Auftrag, einen Ort des Friedens zu etablieren.“ Dort sollten kritisch an Geschichte erinnert und Gegenwart reflektiert werden.
Er sei „fest davon überzeugt, dass es gelingen kann, diejenigen aller Seiten, die sich differenziert und gesprächsbereit zeigen, an einen Tisch zu bringen“, sagte Kingreen zum anhaltenden Konflikt über die Nutzung und Gestaltung des historischen Standorts der Garnisonkirche: „Letztlich soll hier ja ein gehaltvoller Konsens gefunden werden.“
Die Potsdamer Garnisonkirche wurde im 18. Jahrhundert errichtet. Im April 1945 brannte sie bei einem Luftangriff aus, die Ruine wurde 1968 abgerissen, der Turm gesprengt. Der seit 2017 laufende Wiederaufbau ist unter anderem wegen der Geschichte der preußischen Militärkirche in der NS-Zeit umstritten. Kritik kommt auch von Anhängern eines kompletten Wiederaufbaus nach historischem Vorbild. Sie fürchten unter anderem, dass auf eine Wiedererrichtung des Kirchenschiffs dauerhaft verzichtet werden könnte. Die evangelische Kirche will den neuen Turm für Friedens- und Versöhnungsarbeit nutzen.
Dieser Konsens müsse „mit Ruhe und Empathie ausgehandelt werden, wie das in liberal-aufgeklärten Demokratien üblich ist“, sagte der promovierte Theologe: „Es kann nicht sein, dass die lautesten Schreihälse auf allen Seiten sich mit Maximalforderungen durchsetzen.“ Aus seiner Sicht komme „gerade dem Pfarramt hier eine ausgewogene, brückenbauende Funktion“ zu.
Zur inhaltlichen Arbeit vor Ort sagte Kingreen, er sehe aktuell neben der Friedens- und Versöhnungsarbeit vor allem außen- und sicherheitspolitische Themen auf der Agenda. „Zu diesem Profil werden Schwerpunkt-Gottesdienste gehören“, sagte der Theologe: „Ebenso wichtig werden Debatten und Gespräche sein, die die Meinungsvielfalt der Gesellschaft abbilden.“
Start des Programms zum Schwerpunkt sei ein Vortrag am 1. März, sagte Kingreen: „Am 20. März sprechen Bischof Stäblein und Stephan Harbarth, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, über eine wehrhafte Demokratie.“ Am 29. April sei eine Diskussion darüber geplant, „ob die evangelische Friedensethik angesichts des Krieges in Europa am Ende ist“.