Ex-Guerillera: Regime in Nicaragua will Gefangene entmenschlichen

Ex-Guerillera: Regime in Nicaragua will Gefangene entmenschlichen

Frankfurt a.M. (epd). Den politischen Gefangenen in Nicaragua soll laut der Ex-Inhaftierten Ana María Téllez alles Menschliche genommen werden. „Alles, was uns Menschen ausmacht, war komplett verboten“, sagt die frühere Weggefährtin des autokratischen Präsidenten Daniel Ortega im Interview mit dem regionalen Nachrichtenportal „Infobae“ über ihre Zeit in Haft. Sie habe während der 600 Tag in Isolationshaft in dem berüchtigten Gefängnis El Chipote nicht sprechen dürfen und kaum Licht in ihrer Zelle gehabt, sagte sie nach ihrer Abschiebung in die USA in dem am Montag veröffentlichten Interview.

Ihre Zelle habe wenigstens nach vorne hin Gitterstäbe gehabt, so dass sie die Inhaftierte ihr gegenüber sehen konnte. Andere seien von vier verschlossenen Wänden umgeben gewesen. Sie habe ihre Stimme verloren, weil sie nach ihrer Berechnung höchstens eine von 1.440 Minuten eines Tages gesprochen habe. Wenn man sprach, „konnten sie dich in den Kerker schicken oder dir die Getränke wegnehmen“. Bei ihrer Abschiebung in die USA zusammen mit weiteren 221 politischen Gefangenen am 9. Februar habe sie sich nur flüsternd verständigen können.

Auch ihre Augen hätten sehr gelitten, weil in ihre Zelle nur das schummrige Licht einer Glühbirne etwa acht Meter entfernt im Flur gedrungen seu. „Wenn sie mich nach draußen in die Sonne ließen, brauchte ich etwa 20 Minuten, um in meiner Zelle wieder etwas zu erkennen. Die Dunkelheit hat mir sehr geschadet“, sagte sie.

Dora María Téllez befehligte mit Anfang 20 während der sandinistischen Revolution von 1978 eine der wichtigsten Fronten gegen die Diktatur von Anastasio Somosa und war danach Abgeordnete und Ministerin und eine der engsten Vertrauten Ortegas. In den 90er Jahren distanzierte sie sich von ihm, weil Ortega immer autokratischer wurde. „Ich habe entschieden, gegen diese Diktatur zu kämpfen, so wie ich damals gegen die Diktatur Somozas gekämpft habe.“

Im Juni 2021 wurde sie festgenommen. „Ich habe immer gesagt, ich bleibe hier in meinem Haus, wenn sie kommen wollen, sollen sie“, sagte sie. Dann sei sie von drei Bataillonen in Kampfmontur festgenommen worden. Das habe den Fantasien Ortegas und seiner Frau und Vizepräsidentin Rosario Murillo entsprochen. „Sie haben einen Krieg in ihren Köpfen.“ Téllez wurde wegen Landesverrates zu acht Jahren Haft verurteilt.