Berlin (epd). Die Kapazitäten zur Aufnahme von Flüchtlingen sind einer Recherche des Mediendienstes Integration zufolge in fast allen Bundesländern stark ausgelastet. Wie der Fachdienst am Mittwoch unter Berufung auf eine Umfrage unter den Bundesländern mitteilte, wurden seit März 2022 bundesweit zwar mindestens 74.000 neue Plätze geschaffen. Trotzdem sei die Infrastruktur fast überall erschöpft, insbesondere in Großstädten wie Berlin, Hamburg, Köln und Leipzig.
Die Belegung von Erstaufnahmeeinrichtungen variiert den Angaben zufolge aber von Land zu Land. In Bayern und im Saarland seien sie zu 90 Prozent belegt. Auch Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt hätten angegeben, dass die Einrichtungen „weitgehend ausgelastet“ seien. Hessen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen hätten dagegen gemeldet, dass rund die Hälfte der Plätze belegt sei.
Am Donnerstag kommt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit Vertretern von Bundesländern und Kommunen zusammen, um über die Unterbringung von Flüchtlingen zu beraten. Länder und Kommunen fordern mehr Geld vom Bund. An dem Treffen werden unter anderem alle Landesinnenminister und -ministerinnen, Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), sowie Vertreter und Vertreterinnen des Bundesbau- und -finanzministeriums teilnehmen.
Bis Mittwoch wurden laut Ministerium rund 1,06 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland registriert. Die Fluchtbewegung vor dem Krieg in der Ukraine verlaufe konstant. Die zunehmenden Angriffe auf die Zivilbevölkerung und Infrastruktur des Landes hätten bislang nicht zu einem großen Anstieg der Zahl der Kriegsflüchtlinge in Deutschland geführt, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.
Nach den Jahren der Corona-Pandemie war 2022 zudem auch die Zahl Schutzsuchender aus anderen Ländern wieder gestiegen. Rund 218.000 Erstanträge auf Asyl wurden im vergangenen Jahr gestellt.
Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) verlangte deutliche Zugeständnisse des Bundes in der Flüchtlingspolitik. Beim Flüchtlingsgipfel müsse auch über Geld gesprochen werden, forderte Rhein am Mittwoch im Magazin „Der Spiegel“. Er habe das Gefühl, dass „in Berlin überhaupt noch nicht angekommen ist“, was in Regionen wie dem hessischen Odenwald oder der Bergstraße los sei, sagte Rhein. Die Aufnahmebereitschaft sei groß, aber irgendwann finde jede Akzeptanz ein Ende. Deshalb müsse die Zuwanderung „gesteuert und begrenzt werden“, so der CDU-Politiker.
Vor dem Gipfel forderte die Organisation Pro Asyl einen Wegfall der Wohnsitzauflage. Es sei absurd, dass Kriegs- und anerkannte Flüchtlinge nicht jedes Wohnungsangebot annehmen könnten, sondern wegen der Auflage auf eine bestimmte Kommune festgelegt seien, erklärte der flüchtlingspolitische Sprecher der Organisation, Tareq Alaows, am Mittwoch.
Pro Asyl schlägt vor, dass Flüchtlinge, die privat bei Angehörigen, Freunden oder anderen hilfsbereiten Menschen unterkommen können, von der Pflicht zur Unterbringung in einer Sammelunterkunft und vom Verteilsystem unter den Bundesländern ausgenommen werden.