Frankfurt a.M., Münster (epd). Der Osteuropaforscher Thomas Bremer hat sich besorgt über die Situation der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) geäußert. „Sie befindet sich in einer sehr bedrängten Lage, weil ihr von den staatlichen Behörden nicht abgenommen wird, dass sie alle Verbindungen zur Russischen Orthodoxen Kirche abgebrochen hat“, sagte der emeritierte Professor für Ökumenik, Ostkirchenkunde und Friedensforschung an der Universität Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Nach einem Gesetzentwurf, der wahrscheinlich im März vom ukrainischen Parlament verabschiedet werde, können Kirchen oder Religionsgemeinschaften, die ihr Zentrum in einem feindlichen Staat im Ausland haben, verboten werden, fügte der katholische Theologe hinzu: „Ein im Dezember als verfassungsgemäß erklärtes Gesetz verlangt bereits jetzt, dass die Ukrainische Orthodoxe Kirche sich in “Russische Orthodoxe Kirche in der Ukraine„ oder in “Moskauer Patriarchat in der Ukraine„ umbenennen muss.“
„Dagegen wehrt sich die Kirche. Sie sagt, wir haben keine Verbindungen zu Moskau, wir sind eine rein ukrainische Kirche“, sagte Bremer. Wenn sich die Ukrainische Orthodoxe Kirche tatsächlich umbenennen müsste, wäre dies „ein massiver Eingriff in die Religionsfreiheit“, sagte der Ostkirchenexperte. Die Ukrainische Orthodoxe Kirche, die zuvor zur russischen Kirche gehörte, hatte sich im vergangenen Jahr für unabhängig erklärt.
In der Ukraine gibt es zwei orthodoxe Kirchen, die Ukrainische Orthodoxe Kirche (UOK) und die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., hatte der OKU Anfang 2019 die sogenannte Autokephalie zuerkannt, also die kirchliche Unabhängigkeit. Die OKU war aus der Fusion von zwei bis dahin nicht anerkannten orthodoxen Kirchen entstanden. Die Anerkennung hat einen bis heute nicht gelösten Konflikt in der orthodoxen Weltkirche ausgelöst.
Die Situation in der Ukraine belastet Bremer zufolge die orthodoxe Weltgemeinschaft sehr. „Es gibt zurzeit so eine Art Lähmung in der Orthodoxie, weil keiner sich bewegt. Vermittlungsversuche zwischen Moskau und Konstantinopel sind gescheitert.“ Die beiden Hauptprotagonisten Moskau und Konstantinopel haben sich laut Bremer in eine Sackgasse gebracht: „Ich sehe nicht, wie sie da wieder herauskommen.“