Tunis (epd). Bei der Stichwahl für ein neues Parlament in Tunesien könnte die Wahlbeteiligung etwas höher ausfallen als in der ersten Runde. Nach Angaben der Wahlbehörde Isie lag die Teilnahme nach drei Stunden bei 4,7 Prozent. Das sei höher als am 17. Dezember, sagte Behördenleiter Farouk Bouasker. Damals war die Beteiligung am gesamten Wahltag mit 11,2 Prozent sehr niedrig ausgefallen.
Rund acht Millionen Menschen waren am Sonntag aufgerufen, in den verbleibenden 131 Wahlkreisen die erste Kammer des neuen Abgeordnetenhauses zu wählen. Dort hatte kein Kandidat eine absolute Mehrheit erhalten. Es treten nun die beiden bestplatzierten Bewerber gegeneinander an.
Nach dem Verfassungsreferendum vom 25. Juli 2022 sind die Parlamentswahlen ein weiterer wichtiger Schritt im Plan von Präsident Kais Saied, das politische System nach seinen Vorstellungen zu verändern. Lange galt Tunesien als Vorreiter bei der Demokratisierung in der Region. Doch vor etwa eineinhalb Jahren rief Saied den Notstand aus, riss weite Teile der Macht an sich und setzte die Arbeit des Parlaments zunächst aus, bevor er es im März 2022 ganz auflöste.
Verschiedene Oppositionsparteien, die vor der ersten Runde im Dezember zum Boykott aufgerufen hatten, hatten die Wahl wegen der niedrigen Beteiligung als Debakel bezeichnet und Präsident Saied zum Rücktritt aufgerufen. Erste Ergebnisse der Stichwahl werden Anfang kommender Woche, das vorläufige amtliche Endergebnis spätestens Anfang März erwartet. Dann wird Tunesien nach einem Jahr zum ersten Mal wieder ein gewähltes Abgeordnetenhaus haben.