Überlebende Kats: Jeder Verfolgte verdient achtungsvolle Erinnerung

Überlebende Kats: Jeder Verfolgte verdient achtungsvolle Erinnerung

Berlin (epd). Die Holocaust-Überlebende Rozette Kats hat in ihrer Rede im Bundestag dazu aufgefordert, alle Opfer der Nazis gleichermaßen in die Erinnerung einzuschließen. „Jeder Mensch, der damals verfolgt wurde, verdient achtungsvolle Erinnerung“, sagte die 80-Jährige am Freitag in der Gedenkstunde des Bundestags in Berlin und verwies dabei insbesondere auf die Verfolgung sexueller und geschlechtlicher Minderheiten unter dem NS-Regime, die das Parlament in diesem Jahr in den Mittelpunkt des Gedenkens stellte. „Jeder Mensch, der heute verfolgt wird, hat Anspruch auf unsere Anerkennung und unseren Schutz“, ergänzte sie mit Blick auf heutige Ausgrenzung und Gewalt gegen Homosexuelle.

Kats beklagt in ihrer Rede, dass es Jahrzehnte gedauert habe, bis Opfergruppen wie Sinti und Roma sowie Homosexuelle als Opfer der Nazis anerkannt wurden. Damit habe die Ideologie der Nazis weiter wirken können und tue es immer noch, „wenn wir Gewalttaten gegen queere Menschen noch immer erleben müssen“.

Bewegend schilderte Kats vor dem Parlament ihr eigenes Schicksal. Als sie acht Monate alt war, versteckten ihre Eltern sie 1943 bei einem Ehepaar in Amsterdam, bevor sie selbst deportiert und in Auschwitz ermordet wurden. Am Abend vor ihrem sechsten Geburtstag habe ihr Adoptivvater sie über ihre echten Eltern aufgeklärt. Dies habe Fragen aufgeworfen, ihr Angst gemacht. „Alles war viel zu schrecklich für ein Kind von sechs Jahren“, sagte Kats.

Sie habe aus Angst beschlossen, weiter die Maske des „nicht-jüdischen Kindes“ zu tragen. Sie habe ein Doppelleben geführt, das sie krank gemacht habe. Erst 1992 habe sie auf einer Konferenz für die vor den Nazis versteckten Kinder andere Menschen kennengelernt, die ihr Schicksal teilten. „Das war meine Befreiung“, sagte Kats.

Seitdem berichte sie in Schulen und Gedenkstätten über ihr Geschichte. Ihr Leben habe sich dadurch verbessert. Kats setzt sich heute dafür ein, dass insbesondere auch sexuelle und geschlechtliche Minderheiten Anerkennung für das erlittene Leid erhalten und heute leben können, wie sie es wollen. „Ich habe nicht vergessen, wie schlimm es ist, sich verleugnen und verstecken zu müssen“, sagte sie.