Erinnerung an Holocaust wachhalten

Erinnerung an Holocaust wachhalten
Der Holocaust-Gedenktag erinnert an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz: Zum Jahrestag der Befreiung warnt der israelische Staatspräsident Isaac Herzog vor wachsendem Antisemitismus. Judenhass müsse um jeden Preis bekämpft werden.

Frankfurt a.M. (epd). Vertreter aus Politik und Religionen haben zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar vor wachsendem Antisemitismus gewarnt. „Judenhass existiert weiter. Antisemitismus gibt es noch immer. Die Leugnung des Holocausts gibt es noch immer“, sagte Israels Staatspräsident Isaac Herzog am Donnerstag in Brüssel. Aus Deutschland kamen Forderungen nach einer geschichtsbewussten Erinnerungskultur. Der Deutsche Bundestag will am Freitag der Opfer des NS-Terrors gedenken.

Staatspräsident Herzog betonte in einer Rede vor dem EU-Parlament, dass das Gedenken nicht in einem Blick auf die Vergangenheit verharren dürfe. Neue Studien zeigten, dass Antisemitismus erstarke und neue Formen annehme. Von einem viralen Video zu einer physischen Attacke sei es nicht weit, warnte er. „Und ich rufe Sie, die gewählten Vertreter Europas, auf: Sehen Sie nicht tatenlos zu. Sie müssen die Warnzeichen erkennen und Antisemitismus um jeden Preis bekämpfen.“

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, rief ebenfalls zum Kampf gegen Judenhass auf. „Es ist tägliche Aufgabe eines jeden und einer jeden, judenfeindliches Denken zu bekämpfen, das immer noch tief in unserer Gesellschaft verwurzelt ist und immer wieder neu bei Angriffen auf jüdische Menschen und Gebäude zum Vorschein kommt“, sagte sie laut Mitteilung der EKD in Hannover.

Kurschus forderte die Kirche auch zum kritischen Blick auf die eigene Institution auf. Kirchen seien nicht frei von Antisemitismus, Rassismus und Antiziganismus, sagte sie. Antisemitismus zerstöre das Fundament, auf dem Christinnen und Christen stünden.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, forderte eine „vitale Erinnerungskultur“. Diese dürfe kein starres Gebilde sein. Da die Zeitzeugen der Schoah die Welt nach und nach verließen, rückten vor allem KZ-Gedenkstätten in den Fokus, um die Erinnerung an das beispiellose Menschheitsverbrechen der Schoah wachzuhalten, erklärte Schuster in Berlin. Die Gedenkstätten müssten finanziell für die Zukunft abgesichert sein, denn sie schützten die offene Gesellschaft.

Ein Besuch ehemaliger NS-Konzentrationslager sollte für angehende Geschichtslehrer obligatorisch sein, forderte Schuster. Darüber hinaus müsse die Politik in Bund und Ländern die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der kontextualisierte KZ-Gedenkstätten-Besuch in allen Lehrplänen verankert werde.

Der neue niedersächsische Antisemitismus-Beauftragte Gerhard Wegner sprach sich gegen verpflichtende Besuche für Schüler in KZ-Gedenkstätten aus. Er sei zwar der Meinung, alle Schülerinnen und Schüler sollten eine KZ-Gedenkstätte besichtigt haben, sagte er am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Aber anordnen sollten wir das nicht“, sagte er.

Der Bundestag will seine Gedenkstunde für die Opfer des Naziregimes am Freitag abhalten und stellt dabei die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgten Menschen in den Mittelpunkt. Unter anderem wird die 1942 geborene Jüdin und Holocaust-Überlebende Rozette Kats sprechen.

Der internationale Holocaust-Gedenktag wurde im Jahr 2005 auf Beschluss der Vereinten Nationen in Erinnerung an die Befreiung des KZ-Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 eingeführt. Durch den nationalsozialistischen Völkermord wurden rund sechs Millionen Juden ermordet, die meisten davon starben in den Gaskammern der Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, Treblinka, Sobibor und Belzec. Zudem kamen rund 500.000 Sinti und Roma gewaltsam ums Leben. Antiziganismus bezeichnet den Hass auf Sinti und Roma.